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    Das Problem ist nicht Bodo Ramelow

    Bodo Ramelow (Die Linke) wird vielleicht Ministerpräsident von Thüringen. Gewählt mit den Stimmen von SPD und Grünen. Auf Facebook, auf Twitter, aber auch in klassischen Medien konnte man viel darüber lesen, warum dies der finale Dammbruch der SPD und der Grünen sei. Auch ich tue mich mehr als schwer mit einem Sozialisten als Ministerpräsidenten. Aber das Problem dabei heißt aus meiner Sicht nicht Bodo Ramelow: Ramelow ist ein linker Gewerkschafter aus Niedersachsen bzw. Hessen. Ich saß Jahre lang mit Ulrich Meßmer im Kreistag, der war ein mindestens ebenso linker und wahrscheinlich weitaus demagogischer (er bezeichnet politisch Andersdenkende intern das eine oder andere Mal schon vor seiner Bundestagszeit als faschistisch) Gewerkschafter aus Hessen, der bevor ihn die Bürgerinnen und Bürger in Nordhessen abgewählt haben, eine Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag angehörte. Ramelow ist nicht das Problem, Ramelow ist wahrscheinlich pragmatischer als mancher linker SPDler und rot-rot-grüne Koalitionen – und übrigens auch kommunal einige exotischere Kombinationen mit CDU und Linken – gibt es in Ostdeutschland schon länger. Problematisch sind aus meiner Sicht zwei andere Dinge:

    Linkspartei dahinter ist in Teilen untragbar

    Das Problem der Linkspartei sind die Köpfe in der nächsten Reihe dahinter. Wenn eine Thüringer Landespartei der Linken ernsthaft heute noch Stasi-Spitzel, denen das gesamte Parlament ihre Parlamentsuntauglichkeit bescheinigt hat, auf vordere Listenplätze wählt, sollten sich SPD und Grüne, aber auch kommunal CDU, FDP und alle anderen Gruppierungen fragen, wie weit die geschichtliche Entwicklung dieser Partei wirklich ist.

    Viele heutige Linkspartei-Anhänger haben nichts mehr mit der Stasi zu tun, aber wenn höhere Funktionsträger sich wünschen, dass die Stasi wieder existieren sollte, dann ist das ein Problem für alle demokratischen Parteien und eigentlich sollte dies auch zuallererst ein Problem für den demokratischen Teil der Thüringer Linken sein (ja, ich glaube, dass der existiert).

    Aber auch diese wichtige Frage, ist eher eine politikinterne Frage, das ist mir im Gespräch mit Freunden letzte Woche viel klarer geworden.

    Politik entzweit von den Menschen

    Das weitaus gewichtigere Problem, mit dem sich gerade wir Liberalen beschäftigen sollten, ist, warum die Linkspartei als Kümmerer die Menschen so sehr erreicht, dass sie trotz obskurer Stasi-Vertreter und eines Programms, dass Thüringen bald abwürgen wird (ein Mindestlohn von € 10 für öffentliche Ausschreibungen wird eher Westfirmen begünstigen).

    Anstatt dass wir uns auf Facebook aufregen, dass SPD und Grüne mit der Linken regieren, sollten wir uns fragen, wie die Linkspartei zum Kümmerer für so viele Bürgerinnen und Bürger werden konnte. Vielleicht genau deshalb, weil wir Politiker – in dem Fall egal ob Union oder FDP – und auch manche Journalisten- uns über das politische Tabu Linkspartei aufregen, anstatt inhaltliche Akzente zu setzen.

    In meinem Bekanntenkreis außerhalb der Politik hat es nur die Mitglieder von politischen Parteien interessiert, dass der zukünftige Vielleicht-MP Thüringens Mitglied der Linkspartei ist. Wenn ich in Zeitungen über die ehrenamtlichen Hilfsprogramme der Linkspartei für Flüchtlinge lese, frage ich mich, ob da nicht die anderen Parteien viele Fehler machen.

    Wir müssen Lösungen anbieten, anstatt nur in der politischen Blase vermeintlicher Tabus hängen zu bleiben.

    Im Wahlkampf in Thüringen habe ich von Thomas Vollmar (FDP-Kreisvorsitzender in wahrscheinlich einer der härtesten Ecken Deutschlands für die FDP) gehört, dass für ihn ein Slogan wie „Bildung statt Mindestlohn“ klarer und besser für die Bundestagswahl, aber auch für die Landtagswahl gewesen wäre. Das sind wahre Worte, nach dem, was wir aktuell im Leitbildprozess der Bundes-FDP festgestellt haben, dürfte das auch für viele potentielle Wählerinnen und Wähler gelten: Bildung, solide und einfache Finanzstrukturen und Bürgerrechte werden dort nicht umsonst als Schwerpunkte ausgemacht.

    Das sollten wir jetzt in den Mittelpunkt stellen, denn der wahre Schaden für Thüringen wird nicht Bodo Ramelow als Person sein, sondern der wahre Schaden wird aus einer Politik entstehen, bei der durch immer mehr Staat gerade der Mittelstand in Thüringen abgewürgt wird. Eine Politik, die in der Bildung auf Entmündigung der Schulen vor Ort, statt auf mehr Freiheiten setzt, wird nicht zu besserer, sondern zu schlechterer Qualität der Bildung führen. Das wird das wahre Problem in Thüringen werden und das wäre auch das Problem einer rot-rot-grünen Bundesregierung.

    Die Vorsitzende der Grünen Jugend fragte letzte Woche, ob denn Arbeitsplätze ein Selbstzweck seien, wenn man dies als Leitsatz für rot-rot-grün sehen kann, dann zeigt das das Problem sehr deutlich auf. Wir brauchen eine Kraft, die dafür sorgt, dass noch Jobs in diesem Land entstehen, dass junge Menschen gut gebildet sind, um selbst ihr Leben zu gestalten und dafür zu sorgen, dass wir gut dastehen.

    Wir sollten das deutlich machen. Wir müssen positiv zu Aufstiegschancen und Jobs in Deutschland stehen. Wir müssen uns mehr mit den Problemen der Menschen und Lösungen für sie und weniger mit Tabus in einer politischen Blase der Leute, die täglich online den Economist und zwei andere Tageszeitungen lesen, beschäftigen.

  • Politik ist mehr als Ihre heiße Luft, Herr Gabriel!

    Leserbrief/Antwort zum Beitrag des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel im Tagesspiegel vom 18. April 2010

    Beitrag von Sigmar Gabriel unter http://www.tagesspiegel.de/meinung/liberal-das-war-einmal/1803684.html.

    Mit einigem Erstaunen konnte ich dem Tagesspiegel entnehmen, dass aus Sicht des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Sigmar Gabriel, die FDP Schuld am fehlenden Vertrauen des deutschen Bürgers in die Politik sei.

    Dies aus dem Mund beziehungsweise der Feder der doppelten personalisierten Unglaubwürdigkeit zu hören, erscheint mir doch ein wenig befremdlich: Einerseits schafft es kein deutscher Politiker an das Maß an Unglaubwürdigkeit eines Sigmar Gabriels persönlich heranzukommen. Er ist derjenige, der einst die ersten Schritte zu Studiengebühren als Ministerpräsident in Niedersachsen einleitete, um dann heute den folgenden Entscheidungen Krokodilstränen nachzuweinen, und der schon vor der Bundestagswahl 2005 Mehrwertsteuererhöhungen für wahrscheinlich hielt, um sie im Wahlkampf erst auszuschließen und dann doch mit seiner Partei durchzuführen. Dieser Großmeister der politischen Unglaubwürdigkeit, der mit seinem Freudschen Versprecher zu Rot-Rot-Grün vor der Bundespressekonferenz schon deutlich gemacht hat, dass er mit Hannelore Kraft – genau wie sein Vorgänger vor anderthalb Jahren mit Andrea Ypsilanti – die Bevölkerung hinters Licht führen will, spricht ernsthaft von einem Glaubwürdigkeitsprobem der FDP?

    Das verwundert und entlarvt sich selbst. Aber wahrscheinlich ist es leichter Fehler bei Anderen zu suchen, als selbstkritisch den eigenen Kurs, der die große und vormals bedeutsame SPD unter einem schwachen Vorsitzenden auf den linken Weg der Konzeptlosigkeit einer Andrea Nahles geführt hat, zu hinterfragen. Der Vorsitzende der traditionsreichsten Partei Deutschlands scheint inzwischen zufrieden damit zu sein, wenn seine Partei nicht mehr um absolute Mehrheiten kämpft, sondern nur noch auf eine Dreier-Koalition mit Linksradikalen und Grünen hofft.

    Die FDP mag manchen Stockfehler zu Beginn der Legislaturperiode begangen haben und manches Konzept noch nicht binnen des ersten halben Jahres der Regierungsbeteiligung umgesetzt haben. Wir JuLis werden aber für bessere Konzepte in Deutschland streiten – bei der Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen genauso wie bei der Reform unserer Sozialversicherungssysteme hin zu mehr Generationengerechtigkeit.

    Deutschland kann es sich nicht weiter leisten, eine SPD-Politik der unbezahlbaren Versprechungen fortzuführen, bei der es der Staat als „teurer Schwächling“ – und damit war von Christian Lindner, obwohl ebenfalls zutreffend, nicht Sigmar Gabriel gemeint – nicht schafft, jungen Menschen Perspektiven aufzuzeigen und Chancen zu eröffnen, sondern stattdessen nur Bedürftigkeit verwaltet und konserviert.

    Deutschland braucht dringend eine Diskussion, wie wir umsteuern können, um gerade jungen Menschen mit Bildung, mit Berufsperspektiven  – gleich aus welchem familiären Hintergrund kommend – und mit zukunftsfähigen sozialen Sicherungssystemen für den Notfall jede Chance zu eröffnen. Nur Sigmar Gabriel liefert genau hierzu keinen Beitrag. Er will stattdessen gemeinsam mit der NRW-SPD in Steinkohle statt in Bildung investieren und damit die Lebenschancen junger Menschen weiter beschränken. Um genau dies zu verhindern, kämpfen wir JuLis gemeinsam mit der FDP in Nordrhein-Westfalen.

    Die Liberalen müssen in dieser Legislaturperiode auf Bundesebene genauso wie in Nordrhein-Westfalen die Lösungsansätze liefern, um Lebenschancen zu eröffnen und dabei die Sozialpolitik so zu gestalten, dass sie den wirklich Bedürftigen hilft. Der rein destruktive politische Ansatz von Sigmar Gabriel ist es als SPD-Chef wohl platte Stammtischparolen – ohne jegliche positive Lösungsansätze – herauszukrakelen.

    Der Ansatz der FDP muss es hingegen sein, in einer offenen – und damit auch notwendigerweise manchmal kontroversen – Debatte die richtigen Lösungen für Deutschland auf den Weg zu bringen. Politische Glaubwürdigkeit kommt nicht aus heißer Luft in Gastbeiträgen, sondern aus politischem Handeln, zum Beispiel für den Schutz der Bürgerrechte und zukunftsfähige soziale Sicherungssysteme. Das müssen und werden wir Liberalen jetzt liefern. An diesem Anspruch müssen sich die FDP und ihre Glaubwürdigkeit messen lassen, nicht an den Populismen des ehemaligen Pop-Beauftragten der SPD.

    Lasse Becker
    Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen