• Digitale Agenda der Großen Koalition ist reine Mogelpackung – Breitband muss in Hessen als Infrastrukturaufgabe zentrales Thema sein

    Pressemitteilung der FDP Hessen

    breitbandthemenWiesbaden – Anlässlich der heute präsentierten Digitalen Agenda der schwarz-roten Bundesregierung erklärte der stellvertretende Vorsitzende der hessischen Liberalen, Lasse Becker: „In dem knapp 40-seitigen Konzept findet sich kein konkreter Satz, wie die Förderung des Breitbandausbaus im Detail aussehen soll. Es wird stattdessen abstrakt ein Finanzierungsinstrument „Premiumförderung Netzausbau“‚ angekündigt, das irgendwann in einer fernen Zukunft entwickelt werden soll. Die Digitale Agenda der großen Koalition ist daher bloß eine große Mogelpackung: Sogar die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind konkreter als das, was Schwarz-Rot heute vorgelegt hat.“

    Weiter erklärte Becker:

    „Breitbandinternetanschlüsse sind elementarer Bestandteil von Infrastruktur. Datenautobahnen haben mittlerweile eine vergleichbare Bedeutung wie Asphaltstraßen, da sie für Gewerbegebiete genauso wie für die Attraktivität von Wohnorten einen knallharten Standortfaktor darstellen. Doch vor allem im ländlichen Raum herrscht in Hessen noch Nachholbedarf in Sachen Breitbandanschlüsse, obwohl in den vergangenen fünf Jahren bereits Verbesserungen erzielt wurden. Genau deshalb darf die Landesregierung nicht tatenlos zuschauen, wie die große Koalition in Berlin die digitale Agenda vermurkst.

    Die FDP fordert daher, den Breitbandausbau in Hessen als Infrastrukturaufgabe auf eine Stufe mit anderen Infrastrukturaufgaben zu stellen. Doch außer blumigen Umschreibungen im Koalitionsvertrag haben CDU und Grüne in diesem Bereich bisher wenig zustande gebracht.“

    Auch über den Bereich Breitbandausbau hinaus zeigen sich die hessischen Liberalen von der sogenannten Digitalen Agenda enttäuscht: Weder zu Fragen der Netzneutralität noch zu aktuellen Problemen der Überwachung im Internet werde eine adäquate Antwort geliefert, so Becker.

  • Wie man Antisemitismus in Deutschland salonfähig macht – ARD 2.0

    Bild Gerst Israel-Gaza-KriseLiebe Medien, liebe Demonstranten,

    es ist keine Kritik an Israel oder Israels Siedlungspolitik, „Juden ins Gas“ oder „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf’ allein!“ oder irgendeine der anderen Hassparolen zu rufen. Das ist vielmehr schlicht ekelhaft, antisemitisch und nicht zu ertragen. Beim ersten Aufruf möchte man jedem der Rufenden eine kostenlose Besichtigungstour nach Auschwitz andienen und beim zweiten Aufruf bin ich geneigt zu erwidern: Menschenverachtende „feige Schweine“ trauen sich nur im Mob auf die Straße. Ich lade jeden der geifernden Horden gerne einzeln zum persönlichen Streitgespräch ein.

    Viele deutsche Kritiker Israels – gerade aus dem linken Spektrum – haben sich immer darauf berufen, dass es ja nicht um Kritik an Juden, sondern an der Politik des Staats Israel ginge. Nur: Spätestens wenn bei Demonstrationen als Ziele von vermeintlicher Kritik nicht mehr Israel oder von mir aus auch Netanjahu genannt werden sondern „die Juden“ ist das banaler Antisemitismus und eben keine Kritik an Israel. Die Vermengung von beidem, wie sie von Sabine Rau in ihrem Kommentar in der ARD wohl am Deutlichsten ist, macht Journalisten zu Mitbrüllern, die auf fast perfidere Art und Weise den Antisemitismus salonfähig machen:

    Sabine Rau verdammt im ersten Teil ihres Kommentars den Antisemitismus, um im zweiten Teil zu erklären, dass es aber nur verständlich und selbst durch die (im Subtext mitschwingend: „jüdische“) Regierung Israels und ihre Siedlungspolitik zu verantworten sei. Diese indirekte und nachgeschobene Rechtfertigung für offenen Antisemitismus ist keines Mediums in Deutschland würdig, sondern sollte der ARD und dem WDR vielmehr peinlich sein.

    Ja, auch ich finde die Siedlungspolitik Israels vollkommen falsch. Ja, auch mich hat furchtbar genervt, als bei den Liberalen durch die israelische Botschaft einmal eine Streitveranstaltung Iran/Israel unterbunden wurde. Ja, auch ich finde manchen Hardliner im israelischen Kabinett manchmal höflich gesprochen anachronistisch anmutend. Aber nein, all dies kann nicht und in keinster* Weise irgendeinen der Ausfälle und Angriffe bei Demonstrationen in Europa entschuldigen oder auch nur erklären. Wenn Journalisten im ZDF Morgenmagazin einem menschenverachtenden Antisemiten wie Todenhöfer, der seine Fotos selbst mitten im Krisengebiet noch von Hand fälscht, ein Forum geben; wenn Dunja Hayali keine einzige kritische Nachfrage mehr in Interviews mit palästinensischen Vertretern stellt; wenn man in keinem öffentlich rechtlichen Sender hören konnte, dass rechte und linke Horden, gemeinsam mit arabischen Pro-Palästina-Gruppen Sprüche wie „Juden ins Gas“ brüllen, dann machen ARD und ZDF dem Antisemitismus den Hof. Das ist weder ausgewogen in der Berichterstattung, noch für einen Kommentar akzeptabel, sondern peinlich.


    Dass im Internet irgendwelche obskuren Karten kursieren, ist eine Sache (eine korrektere Ansicht gibt es hier). Aber die Einseitigkeit der Medien aktuell ist eine andere. Meine persönliche Sicht der Dinge zur Israel-Gaza-Krise 2014 deshalb (empfehle übrigens auch das aktuelle Interview mit dem Leiter des FNF-Büros vor Ort):

    Dass aus dem Gaza-Streifen noch immer Raketen auf Israel geschossen werden, spielt medial ebenso wenig eine Rolle wie die einseitig begonnene Waffenruhe Israels oder der in Diskussion befindliche neue Friedensvorstöße. Die Regierung Netanjahu hat manchen Fehler gemacht. Aber sich selbst zu verteidigen, ist keiner davon. Um das ganze Mal auf Deutschland zu übertragen: Wenn aus Potsdam auf Berlin oder aus Offenbach auf Frankfurt Raketen abgeschossen würden, erwartet auch niemand, dass man in der jeweils bombardierten Stadt einfach zuschauen würde, weil man ja einen funktionierenden Raketenschutzschirm hätte. Das von Israel zu erwarten ist weltfremd.

    Jedes zivile Opfer in einem Krieg ist furchtbar und natürlich muss auch das israelische Militär sich kritischen Fragen zu seiner Kriegsführung stellen. Aber menschenverachtender ist für mich die Hamas, die die Bevölkerung des Gaza-Streifens in Gänze als menschliche Schutzschirme missbraucht, in dem sie zum Beispiel Raketen in Schulen lagert. Gleichwohl ist Israel natürlich gefragt, jeden einzelnen Vorfall, den es gegeben hat zu untersuchen und sicherzustellen, dass so wenig Zivilisten wie in einem Krieg möglich, verletzt oder getötet werden. Ich zweifele aber, dass die Hamas bei ihren Raketenangriffen, wenn sie durchkommen würden, wirklich immer nur Kasernen getroffen hätte.

    Liebe Medien, liebe Demonstranten,

    wer es nicht sinnvoller mal wirklich sachlich an die Situation heranzugehen? Denn – wie das Bild unseres Astronauten Alexander Gerst aus dem Weltall zeigt – man sieht von oben nur die Explosionen. Nicht, wer abgeschossen hat. Jede Rakete ist eine zu viel. Einseitiges Anheizen von Antisemitismus verstärkt dieses Problem aber, anstatt es zu lösen. Und das sollte traurig machen und zwar alle Seiten.

    * Für diejenigen, die auf sprachliche korrekte Formulierung bestehen: keiner.

  • Jede Katze ist liberaler als die Grünen

    Gastbeitrag am 21. Juni 2014 bei „Zeit online“ als Erwiderung auf Tarek Al-Wazir erschienen: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-06/liberalismus-debatte-fdp-gruene/komplettansicht

    Katze im GartenDer hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir sieht seine Partei als neue liberale Kraft in Deutschland. Aber er irrt, wenn er glaubt, dass grüne Politik wirklich für Freiheit steht. Denn eine liberale Partei setzt bei jedem Thema auf die Bürger. Sie verlangt den Menschen ab, selbst zu gestalten und für sich und ihre Umgebung Verantwortung zu übernehmen. Sie hat die Freiheit immer als Grundsatz des Handelns. Sie setzt auf Vielfalt durch Wettbewerb. Genau wie die Katze auch die gesamte Freiheit will und nicht nur ein bisschen.

    Ja, FDP und Grüne haben Schnittmengen beim Schutz der Bürgerrechte, bei der Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben, auch bei Fragen der Nachhaltigkeit. Das allein würde weder die FDP noch die Grünen zu einer insgesamt liberalen Partei machen. Die FDP will fairen Wettbewerb und Wachstum. Sie will gute Bildung ohne ideologische Scheuklappen und Umweltschutz mit Mensch und Natur im Einklang. Was heißt das konkret?

    Liberale fordern bezahlbaren Strom durch die günstigsten regenerativen Energien aus europäischen Märkten für alle Bürger Europas, während die Grünen ideologisch auf dem teuren EEG beharren. Liberale kämpfen für Schulvielfalt, während die Grünen einseitig die Gesamtschulen bevorteilen. Liberale wollen die Menschen entlasten, damit sie mit ihrem eigenen Geld selbst entscheiden können, was sie machen und lassen. Liberale fragen, wie durch weniger Bürokratie Jobs entstehen können, während Grüne mit Richtlinien und Gesetzen Bürokratie schaffen.

    Leider ist die FDP nicht ihren Grundsätzen gefolgt

    Manche Grundsätze von Freiheit, Toleranz und Respekt hat die FDP in den letzten Jahren selbst leider an vielen Stellen nicht gelebt. Die FDP ist nicht mutig genug ihren liberalen Grundsätzen gefolgt. Liberale waren an vielen Stellen nur Ansprechpartner für kleine Teilgruppen. Das war Verrat der Überzeugung, dass die Lösungen des Liberalismus für alle besser sind – für den Arbeitslosen genauso wie für den Rechtsanwalt.

    Toleranz heißt eben nicht, dass FDP-Bundestagsabgeordnete sich mit der Akzeptanz von Lebensentwürfen, die von der Norm abweichen, schwer tun dürfen. Wenn mancher (Ex-)FDP-Funktionsträger mit 40, 50 oder 60 Jahren weniger Berufserfahrung außerhalb der Politik gesammelt hat als ich als 30-Jähriger, dann kann er manches Problem auf dem Arbeitsmarkt schlicht nicht verstehen. FDP-Mitglieder, die als Selbstständige noch nie abhängig beschäftigt waren, haben den Wert von Arbeitgeberverbänden falsch über den von Gewerkschaften gestellt, die beide ihre Berechtigung in der Arbeitswelt haben. Ein Liberaler sollte auch die Empathie aufbringen, sich in die Probleme einer jungen Frau im befristeten Arbeitsverhältnis hineinzuversetzen. An vielen dieser Stellen wurde von Liberalen, die eine Branche, Funktionsträgergruppe oder Lobby einseitig hofiert haben, Respekt und Toleranz ebenso wenig wie der Wettbewerbsgedanke – eben die Grundfesten des Liberalismus – gelebt.

    Aber leben die Grünen diese Grundwerte von Respekt, Toleranz, Wettbewerb und Freiheit? Meine Erfahrung ist, dass die Toleranz der Grünen gegenüber jemandem, der in einer Bank oder bei einem Automobilhersteller arbeitet, stark gegen null tendiert. Während die FDP Probleme mit den Gewerkschaften hat, gibt es massive Kräfte innerhalb der Grünen – zum Beispiel in der Grünen Jugend –, die Arbeit und Industrie am liebsten gänzlich abschaffen würden.

    Das Liberalismus-Verständnis der Grünen endet bei einigen wenigen Bürgerrechts- und Gesellschaftsfragen, die die FDP manchmal in den letzten Jahrzehnten zu wenig hervorgehoben hat. Deshalb können Liberale durchaus von den Grünen lernen, wie man auf diesen Feldern, aber auch generell Glaubwürdigkeit zurückgewinnt: Indem man das eigene Programm lebt. Das ist zentrale Herausforderung der FDP.

    Aber ein ganzheitliches Verständnis von Liberalismus umfasst eben mehr: Es gehört der unerschütterliche Glaube an die Menschen dazu. Dass jeder selbst seines eigenen Glückes Schmied ist und alle Chancen durch gute Bildung verdient. Zum Liberalismus gehören – allein ideengeschichtlich, aber auch fundamental – Fragen der Wirtschaftspolitik. Die Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen in der Herzkammer unserer sozialen Marktwirtschaft ist für Liberale ein Handlungskern. Ordo-Liberalismus im Sinne der Freiburger Schule, bei dem der Staat den Rahmen für funktionierende Märkte setzt, ist der Grundsatz liberalen Handelns in der Wirtschaftspolitik. Deshalb sind eben auch Katzen und keine Tiger und Hyänen liberale Tiere.

    Fertig dosiertes Katzenfutter

    All diese Aspekte werden beim grünen Verständnis von Liberalismus ausgeblendet. Unsere Toleranz endet nicht, weil Grüne sich nicht vorstellen können, wie jemand auch in einem Beruf mit Krawatte oder Uniform glücklich sein kann. Ich möchte dafür streiten, dass auch Leute, die nicht in das grüne Weltbild passen, sich selbst verwirklichen können: Wer etwas leistet, der Krankenpfleger wie die Unternehmerin, die Polizistin wie der niedergelassene Arzt und die junge Mutter wie der junggebliebene Rentner, verdient jemanden, der sich immer für sie einsetzt. Das muss wieder die FDP sein. Sie war es in den letzten Jahren leider nicht immer.

    Das Leben mit täglich vorgesetztem, fertig dosiertem Katzenfutter – ohne etwas zu tun – mag einfacher und für manchen auch reizvoll sein. Aus meiner Sicht aber ist es auch viel langweiliger und bringt unsere Gesellschaft nicht voran. Keiner Katze gefällt ein Verschlag aus Verboten und Bürokratie, nur weil er nicht staatlich überwacht wird. Genau das wäre aber das grüne Liberalismus-Verständnis. Die FDP will Menschen nicht zu Stubentigern machen. Das ist hart. Das fordert viel von den Menschen. Aber die Bürger verdienen nicht ein bisschen Freiheit, sondern Freiheit.

  • Letzte Ratgeber zur Europawahl

    Morgen findet ja die Europawahl statt und heute möchte ich an dieser Stelle unentschlossenen noch zwei Ratgeber mit auf den Weg geben:

    Einerseits dürfte der Wahl-O-Mat zur Europawahl vielen bekannt sein und gerade auch für diejenigen in Deutschland hilfreich sein.

    Letzte Woche neu entdeckt habe ich „MeineWahl2014“, ein Tool, dass die eigenen Prioritäten mit denen der einzelnen Abgeordneten vergleicht. Gab bei mir überraschende Ergebnisse (Liberale zwar vorne aber innerhalb der FDP sehr gemischt).

    Hier für jeden zum Mitmachen in meine Seite integriert:

  • Man kuschelt nicht mit Despoten

    Der sonst eher marktwirtschaftlich geprägte Ulf Poschardt hat heutmorgen in der Welt seine menschelnde Seite gezeigt, als er – ganz den Ärzten mit „Schrei nach Liebe“ folgend – quasi „free hugs“, also kostenlose Umarmungen für Wladimir Putin gefordert hat. Er liegt damit falsch. Die Welt in der Ukraine ist zwar nicht so klar schwarz/weiß, wie viele deutsche Medien es uns weiß machen wollen, aber das Verhalten von Wladimir Putin erinnert doch erheblich mehr an sowjetische oder nationalsozialistische Einmärsche, denn an ein einen hilflosen kleinen Jungen, der sich nach der Liebe des Westens sehnt.

    Oppositionsparteien in der Ukraine nur unwesentlich besser als Janukowitsch

    Aber von Anfang an: Europa und die USA haben es sich zuerst mit dem einseitigen Hochjubeln der ukrainischen Opposition – damit meine ich übrigens nicht die Demonstranten auf dem Maidan, sondern vielmehr die bisherigen politischen Parteien – zu leicht gemacht. Wohl am Unbelasteten, aber leider auch politisch am Unbeschlagensten dürfte noch Klitschko sein. Aber wenn der Tweet von Marina Weisband stimmt, dann wird er schlicht nicht komplett ernstgenommen vor Ort.

    Klitschko wurde im Westen zu einer Erlösergestalt hochstilisiert, als die er in der Ukraine nicht gilt.

    — Marina Weisband (@Afelia) 24. Januar 2014

     

    Gerade Julia Timoshenko hingegen ist selbst nun wahrlich über genügend Korruptionsaffären und Verfolgungen Andersdenkender gestolpert, um sie zur Heilsbringerin zu stilisieren. Deshalb trifft es wohl die Aussage eines liberalen Journalisten:

    „Many of us are sincerely happy, that Yulia Tymoshenko is no longer in jail. But let’s be honest with ourselves: those who wish to see her back in politics are not many.”

    Schlussendlich waren es Julia Timoschenko und Wictor Juschtschenko, die mit ihren Affären und ihrer Fehde nicht nur die Demokratie in der Ukraine in eine Krise gestürzt haben, sondern auch das Wiedererstarken Janukowitschs und seine demokratische Wahl erst ermöglicht haben. Denn, auch wenn Janukowitsch nach allen Bildern und Berichten weit über die Grenzen dessen gegangen ist, was ein Demokrat tun darf, war er demokratisch gewählt. Doch gerade diese Grenzüberschreitung im Amt, der Ausbau der eigenen Rechte, die weitere Spaltung des Landes durch die harsche Abkehr von Europa, das Niederknüppeln und Erschießen der Demonstranten sorgten erst für die Notwendigkeit der Revolution, deren demokratische Kräfte es deshalb zu unterstützen gilt und galt.

    Ob es klug seitens der Revolutionäre war, mit Vorstößen wie der geplanten Abschaffung der russischen Sprache als Landessprache den Spaltpilz zu düngen, darf wohl bezweifelt werden.

    Grundprobleme der Sowjet-Republiken: Willkürliche Grenzen

    Sachlich vorangestellt: Eines der Grundprobleme vieler heutiger territorialer Probleme auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR ist ohne Zweifel die vollkommen willkürliche Grenzziehung der wechselnden Diktatoren der Sowjetunion. Genau wie beim Georgien-Krieg, insbesondere mit Blick auf Abchasien, Stalins Erweiterung der Georgischen Sowjet-Republik eines der Kernprobleme war, ist es heute in der Ukraine Kruschtschows Zuordnung der historisch russischen Krim an die die Ukraine.

    An dieser Stelle sei übrigens ein Blick in den Atlas empfohlen und nicht auf die aktuell in den Medien kursierenden Karten: Die Krim hat geographisch bis auf einige dünne Landbrücken kaum mehr wirkliche Landübergänge zur Ukraine wie zur russischen Küste des Schwarzen Meers. Auf manchen Karten in den Medien erhält man da aktuell einen anderen Eindruck.

    Krim-Krieg reloaded?

    Unabhängig von all diesen Fragen, bleibt die Frage, was heute auf der Krim und in den südöstlichen Teilen der Ukraine geschieht und wie Europa damit umgehen sollte.

    Für mich steht vollkommen außer Frage, dass es sich – anders als Gerhard Schröder – um ein völkerrechtswidriges Vorgehen Russlands in der Ukraine handelt. Denn auch wenn die russischen Soldaten keine Hoheitszeichen tragen, bleiben es doch russische Soldaten. Selbst wenn Putin selbst heute keinen Bedarf für russische Truppen in der Ukraine sieht, sind sie eben real – ohne Hoheitszeichen – schon da.

    Dazu kann man sich die Aussage von Ludwig von Mises nur unterstreichen:

    „Noch ärger ist das Missverständnis, wenn man das Selbstbestimmungsrecht als ‚Selbstbestimmungsrecht der Nationen‘ gar dahin verstanden hat, dass es einem Nationalstaate das Recht gebe, Teile der Nation, die einem anderen Staatsgebiet angehören, wider ihren Willen aus ihrem Staatsverband loszulösen und dem eigenen Staat einzuverleiben.“

     

    Aber was sind die Konsequenzen daraus?

    Der erhobene Zeigefinger der Absage des G8-Gipfels, noch dazu mit angezogener deutsch-französischer Handbremse, kann nicht ernsthaft die einzige Reaktion der Europäischen Union bleiben. Einmal mehr zeigt sich, dass das Stimmengewirr der europäischen Außenpolitik nicht gerade hilfreich ist. Auch wenn Sanktionen schlicht wegen des Vetorechts Russlands nie durch den UN-Sicherheitsrat kommen werden, müssen sie doch Realität werden. Dass der Markt durch seine eigenen Kräfte real bereits Sanktionen schafft, ist ein mehr als positives Zeichen, reicht aber nicht aus. Es zeigt aber, dass dies möglich wäre. Insbesondere mit Blick auf die wohl ohnehin sehr niedrige Akzeptanz des russischen Vorgehens auf der Krim könnten Sanktionen den Druck deutlich erhöhen.

    Der Spitzenkandidat der Liberalen zur Europawahl Alexander Graf Lambsdorff hatte in einem ersten Statement hervorgehoben, dass es für ihn keine militärische Option geben können, da dies sonst Krieg in Europa hieße. Diese Aussage halte ich für falsch bis gefährlich: Natürlich darf eine militärische Option nie die erste Wahl sein. Aber sie gänzlich vom Tisch zu nehmen und mit den Despoten nur á la Neville Chamberlain zu kuscheln hat sich in der Vergangenheit nicht gerade bewährt. Außerdem haben unsere Verbündeten USA, Großbritannien und Frankreich der Ukraine im Gegenzug dafür, dass sie keine Atomwaffen behält, ein Schutzversprechen abgegeben. Ansonsten droht uns als Kollateralschaden ein nukleares Aufrüsten, da offensichtlich Schutzversprechungen nicht so wirklich viel wert sind. Keine schöne Vorstellung. Mit seinem neueren Statement hat Alexander Graf Lambsdorff seine Position zur Ukraine wieder etwas gerader gerückt.

    Habe ich Sorgen wegen der Gefahr einer militärischen Intervention? Natürlich. Gewaltige sogar. Sie darf nur allerletzte Möglichkeit sein, aber sie ganz auszuschließen bleibt falsch.

     

    Am Ende bleibt für mich: Europa muss gemeinsam mit den USA verhandeln, aber eben auch handeln. Bei allem Verständnis für den Phantomschmerz eines verlorenen Sowjetreiches können wir nicht (erneut) dulden, dass Russland demokratische Staaten teilweise überrennt. Gleichzeitig muss die neue ukrainische Führung Schritte zur Einheit des Landes gehen und das Provozieren der östlichen Ukraine, die nun einmal stärker pro-russisch geprägt ist und auch sein wird, ist nicht hilfreich. Deshalb scheint mir eine klar föderale Ukraine, mit Toleranz zu Entwicklungen sowohl zu Russland als auch zur EU hin, der einzige Weg. Nur diesen Weg einschlagen, können nicht wir. Wir können nur handeln und helfen. Aber eben nicht nur umarmen, sondern auch deutliche Worte und Reaktionen finden.

    Und allen die sich auf die Rede von Putin vor dem Bundestag im Jahr 2001 berufen, sei diese nur zitiert:

    „Wir tun das als ein Volk, das gute Lehren aus dem Kalten Krieg und aus der verderblichen Okkupationsideologie gezogen hat.“

    Das darf man nach den letzten Wochen getrost bezweifeln. Ich tue es zumindest und gegen Okkupationsideologien helfen keine Umarmungen. Das sollte gerade für uns Deutsche eine tragisch gelernte Lektion des 20. Jahrhunderts sein.

  • Frei und mit neuem Schwung

    Ideen für die Arbeit der FDP Hessen

    Bei unserem Landesparteitag in Gießen haben wir Fehler analysiert und Stefan Ruppert hat danach bereits als  Kandidat für den FDP-Landesvorsitz einige Ideen skizziert. In Bad Soden gilt es, einen Neuanfang nicht nur auf dem Papier zu starten, sondern auch inhaltlich, strukturell und öffentlich zu untermauern.

    Hierbei möchte ich als neuer stellvertretender Landesvorsitzender mitarbeiten und meine Ideen skizzieren. Kernaufgabe für uns Liberale sollte es sein, dass jeder – egal ob jung oder alt –, für den Freiheit ein wichtiges Thema ist, die FDP auch wieder als seinen oder ihren Ansprechpartner in der Politik sieht.

    Zukunftsthemen neu erobern

    Die FDP im Bund wie in Hessen war sich in den letzten Jahren häufig selbst genug. Seit den harten Diskussionen um Online-Durchsuchungen, Studiengebühren oder die Kinderschule – also seit fünf bis zehn Jahren – haben wir Liberalen kaum grundlegend neue Ideen entwickelt. Das muss sich wieder ändern. Hier sind alle Mitglieder, alle Delegierten und die gesamte Führung gefragt. Das Beispiel Kinderschule zeigt aber auch, dass Projekte immer wieder auf ihre Umsetzbarkeit überprüft werden müssen. Dies darf jedoch nicht den kreativen Prozess zur Entwicklung neuer Ideen unterbinden.

    Meine Themen, die ich besonders bearbeiten möchte, weil sie meine Herzensthemen sind, sind Bildung, Infrastruktur & Innovation und Europa. Was können wir Liberalen zum Beispiel von der Aufsteigernation Polen in der Bildungspolitik – insbesondere was die Selbstständigkeit und die Freiheiten von Schulen angeht, bei der unsere Kultusministerinnen schon viel bewegt haben – lernen? Wie können wir die Qualität des Unterrichts verbessern? Wie gelingt es uns, digitale (und analoge) Infrastruktur in ganz Hessen zu schaffen? Welche Folgen hat der demographische Wandel aus liberaler Sicht für den ländlichen Raum? Wie kriegen wir die Nadelöhre des Verkehrs in unserer Logistikregion Hessen geöffnet? Wie schaffen wir es, Europa schlanker und attraktiver werden zu lassen? Welche Ziele haben hessische Liberale für unsere Region im Herzen Europas?

    Das sind alles Fragen, die mich beschäftigen. Um diese und anderen Themen effektiv bearben zu können, müssen wir Strukturen der inhaltlichen Arbeit verändern: Wir müssen die Landesfachausschüsse besser verzahnen und für alle interessierten Mitglieder öffnen. Thematische Anregungen für die Parteiführung und die Fraktion sind gerade in Zeiten einer kleinen Fraktion für die inhaltliche Arbeit sinnvoll. Jeder Landesfachausschuss sollte es zum Ziel haben, mindestens einmal im Jahr einen Antrag im Landesparteitag zu stellen. Gleichzeitig muss auch der generelle Zuschnitt der Landesfachausschüsse diskutiert werden. Im kommenden Jahr sollten wir eine Diskussion darüber führen, an welchen Stellen es sinnvoll ist, Fachausschüsse zusammenzulegen oder zu trennen. Temporäre Intensivarbeitsgruppen für Querschnittsthemen, wie sie von unserer Bundesgeneralsekretärin angeregt werden, können eine sinnvolle Ergänzung sein.

    Regelmäßige Treffen der Programmatiker in Präsidium und Landesvorstand mit den  Landesfachausschussvorsitzenden sowie den Vorfeldorganisationen sind wichtig und sollten mindestens jährlich stattfinden. Gerade mit den Vorfeldorganisationen können hieraus auch Kooperationen im Bereich der Außenwirkung Vorteile ermöglichen.

    Darüber hinaus sind auch die Strukturen oberhalb der Landesebene zu berücksichtigen.
    Klar ist für mich, dass Leitanträge mit Ausnahme von Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse immer mit dem regulären Antragsbuch versandt werden sollten und kompakt (idealerweise nicht mehr als 3-5 Seiten) sein sollten. Um thematische Diskussionen mit den Fachausschüssen und deren Einbeziehung zu erleichtern, sollten Leitthemen möglichst für das Jahr vorab festgelegt werden. Natürlich können trotzdem Fälle eintreten, in denen akute Themen diese Agenda kurzfristig verändern, aber als Richtschnur erscheint dies hilfreich.

    Strukturen modernisieren

    Als ich vor vierzehn Jahren Mitglied der FDP Hessen wurde, waren die Antragsbücher selten mit weniger als zehn bis fünfzehn Anträgen gefüllt. Dies hat sich leider geändert, was an der Attraktivität von Parteitagen nagt. Der Frage, ob zuerst die Parteiführung und die Fraktion die Beschlüsse weniger berücksichtigt haben oder zuerst die Delegierten und Verbände weniger Anträge gestellt haben, wird man nie Klärung verschaffen können. Wichtig ist jetzt, beides zu ändern:

    Um die Bedeutung der Parteitage sichtbarer zu machen, sollte auf www.fdp-hessen.de eine strukturierte Beschlusslage aller Parteitagsbeschlüsse sichtbar werden, diese Beschlüsse vom Landesvorstand noch einmal thematisiert und über deren Umsetzung dem nächsten Landesparteitag berichtet werden.
    Leichtere Strukturen zur direkten Einbringung auf allen Ebenen sollten auch in Hessen diskutiert werden, dieses Feld ist aus meiner Sicht eine der zentralen Aufgaben für einen einzuführenden Generalsekretär. Auch Überlegungen, gebündelte Mitgliederentscheide einmal Jährlich stattfinden zu lassen, Urwahlen für Spitzenkandidaturen zu diskutieren, Funktionsträgerschulungen anzubieten oder Argumentationshilfen zu verfassen sind hier diskussionswürdige Punkte.

    Überzeugt bin ich, dass seitens der Landesebene weniger Druck durch Formalia auf die Untergliederungen ausgeübt werden sollte, sondern stattdessen die Landesgeschäftsstelle und die Fraktion kampagnenfähiger Dienstleister beziehungsweise inhaltlicher Ratgeber für die FDP-Untergliederungen sein soll. Falls nötig, müssen hierfür auch Strukturen für weniger Administration und mehr Gestaltung angepasst werden.
    Die Öffnung für moderne Kommunikationsformen bei Veranstaltungen durch Live-Streams und echten Dialog auf Twitter und Facebook sowie die Nutzung zum Beispiel von YouTube ist für mich unerlässlich für die Arbeit der hessischen Liberalen.

    Um diese Ziele auch in der Vorstandsarbeit zu erreichen, benötigt der Landesvorstand strukturierte Sitzungen mit einer „echten“ Tagesordnung statt der ewigen „politischen Aussprachen“. Der Landesvorstand muss sich selbst als Arbeitsgremium begreifen: Jedes Vorstandsmitglied sollte Aufgaben fest zugewiesen bekommen und Betreuungsgebiete (außerhalb des eigenen Kreisverbands) übernehmen. Mindestens das Landespräsidium, idealerweise der gesamte Landesvorstand, sollte schriftlich auch dem Parteitag alle zwei Jahre Rechenschaft ablegen.
    Klare Führungsstrukturen beinhalten auch Führungsentscheidungen durch das Landespräsidium sowie bei wichtigeren Fragen durch den Landesvorstand und bei grundsätzlicheren Fragen durch den Landesparteitag. Dafür bedarf es mehr Sitzungen des Landespräsidiums als des Landesvorstands sowie zusätzlich Telefonkonferenzen, um gerade ehrenamtliche Mitarbeiter nicht zu überlasten. All diese Sitzungen haben sich auf die Arbeitszeiten der Bevölkerung und nicht der Abgeordneten auszurichten.

    Die Einführung eines Ombudsmitglieds im Vorstand (später auch vom Parteitag gewählt) analog des Ombudsmitglieds als Anwalt der Basis und Ansprechpartner bei Konflikten und Problemen in der Partei gehört zu modernen Strukturen ebenso wie der Dialog vor Ort:

    Deshalb sollte in jedem Bezirk der FDP einmal im Jahr der Landesvorstand tagen und an diesen fünf Sitzungen sollen auch alle Mitglieder zu einer offenen Diskussionsrunde im Anschluss eingeladen werden.

    Mitmachpartei in Hessen werden

    Mitglieder, die aus den Jungen Liberalen stammen, wissen, dass es hier weitaus mehr Angebote sowohl für Mitglieder als auch für Externe gibt als häufig in der FDP. Um attraktiv zu sein, sollte intern wie extern der Dialog ausgebaut werden:

    Testweise sollte im Jahr 2014 ein programmatisches Wochenende der FDP Hessen eingeführt werden, bei dem verschiedene Themen breiter und nicht nur von Funktionsträgern diskutiert werden können.
    Jeder Landesfachausschuss sollte idealerweise einmal jährlich eine öffentliche Diskussionsveranstaltung, Informationsreise oder Online-Konferenz durchführen, um Mitgliedern, die noch nicht zum Stamm eines Fachausschusses gehören, einen leichteren Einstieg zu ermöglichen. Diese Veranstaltungen sollen in allen Bezirken stattfinden. Jede Landesfachausschusssitzung sollte aber generell mitgliederöffentlich sein.

    Bestehende Veranstaltungen, wie die Landesparteitage, sollen um ein attraktives Rahmenprogramm erweitertet werden, von Neumitgliedertreffen, über thematische Treffen ist vieles denkbar. Gerade bei bestehenden Veranstaltungen sollte auch eine Evaluation über die Wahrnehmung der Teilnehmer erfolgen.
    Durch die Öffnung interessanter Veranstaltungen für Online-Besucher – mit Interaktion soweit möglich – kann ein breiteres Publikum angesprochen werden.

    Darüber hinaus sollten sowohl lokal als auch überregional Multiplikatoren angesprochen werden. Für die Untergliederungen sind hierfür Unterstützungen durch die Landesebene sinnvoll. Aber auch für die Landesebene sind neue Ansprechpartner wichtig: Die FDP muss neben Wirtschaftsverbänden auch den Kontakt zu Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und anderen Organisationen suchen.

    Sowohl klassische Medien als auch neue Medien sollten von Liberalen ernst genommen und als Dialogpartner auf Augenhöhe gesehen werden: Wenn schon Gespräche mit einem vermeintlichen Kritiker kritisch gesehen werden, schadet das der Liberalen Außenwahrnehmung. Für diesen Dialog müssen wir auch neue Veranstaltungsformate entwickeln.

    Die beste Werbung für die Freiheit und die Freiheitspartei FDP sind unsere Mitglieder, deshalb sollten wir diese und ihre Vielfalt auch gezielt nutzen und auf Homepage, im Mitgliedermagazin, dass auch stärker für die Mitglieder als Autoren und für kontroverse Themen geöffnet werden sollte, sowie auf unseren Werbemitteln sichtbar werden lassen. Gerade auch den Vorfeldorganisationen kommt Bedeutung zu, Interessierte an Politik heranzuführen und neue Themen zu diskutieren.

    Liberale koalieren in erster Linie mit den Bürgerinnen und Bürgern, um unsere Ziele umzusetzen. Da absolute Mehrheiten für die FDP kurzfristig eher unwahrscheinlich erscheinen, sind hierfür Gespräche mit anderen Parteien nötig. Für mich gibt es dabei keinen Unterschied zwischen Grünen, SPD und CDU als politischen Mitbewerbern. Gespräche sollten mit allen geführt werden, Grundskepsis gegenüber allen bleiben, aber ein Dialog in vertrauensvoller Sacharbeit ist mit allen drei Parteien möglich.