
Satire darf Grenzen ausreizen … und Politik muss nicht jeden Mist kommentieren
Bei „Erdowie, Erdowo, Erdogan“ von Extra3 habe ich mich vor dem Handy totgelacht. Als ich Jan Böhmermanns Schmähgedicht gesehen habe, fand ich es nicht sonderlich lustig, fand aber das Ziel, dass er mit seiner Einleitung verfolgt großartig: Er stellt selbst heraus, dass dies keine Satire mehr sei, sondern zeigt, was in Deutschland gerade nicht mehr oder maximal gerade noch zulässig ist. Das erinnert – nicht nur von der Wortwahl („nicht klatschen, nicht klatschen“) an die großartigsten – weil lehrreichsten – Momente des Colbert Reports, der einer breiten Öffentlichkeit z.B. die Absurditäten der Super-PACs in den USA näher gebracht hat. Satire darf auch Grenzen aufzeigen und ich wünsche mir, dass die politische Satire auch die Grenze der Absurditäten deutscher Gesetze erreicht. Deshalb finde ich das Gedicht von Jan Böhmermann zwar inhaltlich merkwürdig und unrichtig, aber sein Anliegen und die Art des Beitrages richtig und interessant. Er sagt schließlich selbst gefühlte 50 Mal, dass dies unzulässig sei und aus der Mediathek gelöscht würde.
Neo Magazin Royale – Erdogan Schmähgedicht from Ldoa k on Vimeo.
Schwer zu verstehen, ist die Politik des ZDF, die ja auch zurecht von anderen Satirikern – sogar von der eher banalen HeuteShow – angegriffen wurde: In einem solchen Moment sollte man das Ziel dahinter sehen und zumindest abwarten, bis derjenige, der juristisch etwas vorbringen kann – also Erdogan –, dies auch getan hat. Alternativ hätte man auch Jan Böhmermann direkt feuern können, wenn er wirklich so mit allen Standards des ZDF gebrochen hätte. Das wäre zwar schade gewesen, aber zumindest stringent. Um auch hier ein Beispiel aus den USA zu verwenden: Bill Maher, der meiner Einschätzung nach beste politische Satiriker der USA, wurde nach einer streitbaren Aussage zum 11. September gefeuert. Er ist danach nur besser geworden.
Warum die Kanzlerin sich ernsthaft mit einem Gedicht befassen muss, lässt sich für mich schwer erklären – außer über einen inhaltlich ebenfalls schwer zu erklärenden Deal mit der Türkei in der Flüchtlingskrise. Als Bundeskanzler wäre es klüger gewesen, den Mund zu halten und einfach mal den Rechtstaat wirken zu lassen. Das hätte übrigens auch der Gewaltenteilung entsprochen. Wenn Erdogan ein Problem hat mit der Schmähkritik, dann kann er das klären lassen, aber es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung jeden Mist zu sehen geschweige denn zu kommentieren. Die Frage ist auch, ob Erdogan das juristische Verfahren angestrengt hätte … der österreichische Bundespräsident hat schön in der Süddeutschen ausgeführt, warum dies nicht sinnvoll ist und das teile ich. Es fällt schwer, Satire zu ertragen, wenn man sie dumm und nicht lustig findet – ging mir bei einer Anzeige in der Titanic zu meiner Person auch so – aber deshalb so durchzudrehen, erscheint mir mehr als unangemessen.
Allerdings muss auch Jan Böhmermann lernen mit Kritik umzugehen: Meinungsfreiheit heißt, dass jeder alles sagen darf, aber nicht, dass es unwidersprochen bleiben muss und es ist auch Meinungsfreiheit, wenn jemand sagt, dass er das Schmähgedicht dümmlich findet – nur lässt man seine Privatmeinung üblicherweise nicht über einen Regierungssprecher ausrichten. Der am Anfang angesprochene Stephen Colbert wurde geprügelt und gefeiert für eine großartige Persiflage auf den damals amtierenden George W. Bush. Bill Maher wurde für eine politisch nicht dem Mainstream entsprechende Aussage auf ABC gefeuert. Das gehört dazu, wenn man Grenzen ausreizt. Aber man sollte die Grenzen eben trotzdem ausreizen.
Und zum Abschluss noch etwas, dass auf jeden Fall mich zum Lachen gebracht hat:
Beitragsbild stammt von Ruthe.

Zwei große Menschen
Die Nachricht vom Tod von Hans-Dietrich Genscher bringt mich dazu, über zwei Außenminister von Format, aber vor allem zwei große Menschen zu schreiben.
Ich hatte die Ehre, mich mit Guido Westerwelle insbesondere in den ersten Jahren als JuLi-Bundesvorsitzender regelmäßig auszutauschen. Hans-Dietrich Genscher aber ist derjenige, der mich erbleichen ließ, wie kein anderer. Dazu später mehr im Text.
Guido Westerwelle
Es wäre gelogen zu sagen, dass Guido Westerwelle und ich immer einer Meinung gewesen wären und ich ihn immer schon bewundert hätte. Aber es gibt wenige Menschen, vor denen ich einen solchen politischen Respekt hatte und von dem man so viel lernen konnte – und nicht nur politisch sondern auch menschlich.
Ich erinnere mich noch an meine allererste persönliche Begegnung mit Guido Westerwelle bei einem Fototermin am Rande einer Wahlkampfkonferenz der Bundestagswahl 2002. Hochnervös neben Guido Westerwelle für ein kurzes Foto stehend, gab er mir dann wirklich herzlich ein oder zwei schnelle Ratschläge zu Pressefotos – die ich übrigens bis heute berücksichtige – und nahm mir so schnell die Nervosität. Die Motivation und das Fieber – im positiven wie im negativen Sinn – des Projekts 18 hat die FDP modernisiert und angetrieben wie wenige andere Dinge, die ich später in der Politik erlebt habe. Leider war es dabei manchmal so viel, dass hinterher auch die guten Dinge der Kampagne, wie die Selbstständigkeit der FDP und das Selbstbewusstsein zurückzugehen schien.
Jahre später als JuLi-Bundesvorsitzender durfte ich mich dann im Auswärtigen Amt, wie auch im Thomas-Dehler-Haus regelmäßig mit ihm austauschen und habe viele seiner Ratschläge sehr gerne aufgenommen. Er war mit Sicherheit der lauteste Ratgeber dafür, dass ich auf jeden Fall darauf achten sollte, meine Promotion abzuschließen und zu arbeiten.
Was für mich den großen Menschen Guido Westerwelle aber am Sichtbarsten gemacht hat, war der Umgang mit seinen Mitarbeitern – oder genauer – mit seinen Personenschützern. Es gab immer wieder Gespräche des JuLi-Bundesvorstands mit dem FDP-Bundesvorsitzenden (und auch mit anderen Personen, aber das ist nur für den Vergleich wichtig) – üblicherweise bei einem guten Italiener in Berlin. Während bei anderen Gesprächspartnern in der Vorbereitung eher technisch mit Büros ein Essen abgestimmt wurde, war dem Genussmenschen Guido Westerwelle einerseits die Auswahl des Italieners sehr wichtig und andererseits war er der einzige Gesprächspartner, der selbst wirklich immer Mal nachfragte, dass auf jeden Fall ein Tisch für seine Personenschützer reserviert sein müsse, damit diese auch in Ruhe und genussvoll essen können. Noch deutlicher wurde der menschliche Umgang Guido Westerwelles beim Sommerfest der JuLis im Jahr 2012. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie unser Gast Guido Westerwelle, der sonst immer lange blieb, sehr früh sagte: „Herr Becker, entschuldigen Sie, ich muss jetzt heim. Heute ist das Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft. Ich muss das zwar nicht sehen, aber nur, wenn ich eine halbe Stunde vorher sicher in meiner Wohnung bin und genickt habe, dass ich nicht mehr rausgehe, können meine Personenschützer das Spiel sehen.“
Gerade diese Empathie macht es für mich umso schmerzhafter, dass ich weiß, dass wir – auch ich – ihn bei seinem Ausscheiden aus dem FDP-Bundesvorsitz verletzt haben. Weniger mit Kritik in der Sache – ich erinnere mich noch sehr gut an sein herzliches Lachen beim Bundeskongress in Jena, als wir kritisiert hatten, dass die Partei aus „Guido Westerwelle, Guido Westerwelle, Guido Westerwelle und Sky du Mont“ in der öffentlichen Wahrnehmung bestünde, sondern in Form und Zeitpunkt mancher Kommunikation. Ich versuche, aus dieser Erkenntnis zu lernen, auch wenn ich weiß, dass sich manche Verletzungen wohl in der Politik nicht vermeiden lassen.
Politisch der prägendste Moment – der auch beide Außenminister betraf – war in meiner Zeit als JuLi-Bundesvorsitzender eindeutig der FDP-Mitgliederentscheid. Der Morgen danach, als der Rauch sich verzog und ein Ergebnis da war, war ein Moment ehrlicher Erleichterung. Ich zumindest hatte Angst, was mit Europa passiert wäre, wenn der Mitgliederentscheid anders ausgegangen wäre. Selten ist mir die Tragweite politischen Handelns – in dem Moment übrigens auch in der Jugendorganisation- deutlicher geworden. Die Erleichterung konnte man an diesem Morgen im Thomas-Dehler-Haus auch Guido Westerwelle anmerken. Im Nachhinein konnte man darüber schmunzeln, aber an diesen Tagen war es erleichternd und bedrückend, von ihm zu hören, was die vom Auswärtigen Amt erwarteten Auswirkungen zum Beispiel auf die Börsen – im Falle eines anderen Ergebnisses – gewesen wären . Und der Mitgliederentscheid der FDP wäre nicht so ausgegangen, wenn nicht viele in dieser Partei – allen voran der Außenminister Guido Westerwelle – ihr Gewicht in die Waagschale geworfen hätten. Man kann immer über Details einer Politik streiten und wird nie in allen Punkten einer Meinung sein, aber Guido Westerwelle war ein großer und überzeugter Europäer.
Hans-Dietrich Genscher
Dieses Europa, für das Guido Westerwelle kämpfte, hat maßgeblich Hans-Dietrich Genscher geformt. Hans-Dietrich Genscher war mehr als ein Politiker, er war ein Staatsmann und er war – auch wenn er die Aussage selbst wohl gehasst hätte – wandelnde Geschichte.
Als neues FDP-Mitglied durfte ich kurz nach meinem Eintritt im Jahr 2000 eine Einladung zu einer Jubiläumsveranstaltung für die 2+4-Verträge mit Genscher und anderen internationalen Gästen – ich meine den anderen damaligen Außenministern – in Berlin teilnehmen. Schon da war Genscher legendär. Meine allerersten politischen Erinnerungen sind der Fall der Mauer und auf ewig wird dies mit Hans-Dietrich Genscher und natürlich Helmuth Kohl verknüpft sein.
Auch nach Jahren politischer Debatten war ich höllisch nervös, als ich beim Bundeskongress in Köln etwas in der Aussprache zu Genscher gesagt habe – wenn ich mich recht erinnere mit Lob für ihn und Kritik an der damaligen außenpolitischen Ausrichtung der FDP.
Und so war es auch Hans-Dietrich Genscher, der mich in einem Café in Berlin erbleichen ließ: Wir JuLis hatten ein Strategiepapier an den gesamten FDP-Bundesvorstand verschicken lassen. Mir war nicht klar, dass dieser Verteiler natürlich auch das Büro des Ehrenvorsitzenden umfasste. Eines Morgens frühstückte ich mit einer guten Freundin in einem Café in Berlin und hatte eigentlich zugesagt, nicht ans Handy zu gehen. Es klingelte eine nordrhein-westfälische, ich meine Bonner, Nummer während wir dort saßen. Mit dem Kommentar „Sicher irgendein Journalist.“ drückte ich die Nummer weg. Zehn Sekunden später, gleiche Nummer. Wieder weggedrückt. Weitere 10 Sekunden später dritter Anruf. Mit dem Kommentar „Sekunde, ich geh kurz dran und sag, dass ich gerade nicht kann.“ Die anschließenden Momente werden von der Freundin genau wie vom Kellner wie folgt beschrieben: Mein Gesicht wird aschfahl, ich sage: „Ja gerne“, dann knallrot, dann wieder aschfahl, danach folgt die Begrüßung „Guten Morgen, Herr Genscher!“. Danach hatte ich mein erstes längeres Telefonat mit Hans-Dietrich Genscher, der auch im hohen Alter noch über seine Freien Demokraten diskutieren und strategische Meinungen der JuLis hören wollte.
Und er nahm sich Zeit dafür, in seinem Zimmer im Adlon hatte er im Herbst danach eine knappe Stunde für ein persönliches Gespräch zu Europa, der FDP und den JuLis avisiert. Als wir dann ins Gespräch kamen, hat das Gespräch fast zweieinhalb Stunden gedauert und wir sind danach gemeinsam zum Geburtstagsempfang von Jörg van Essen in die Parlamentarische Gesellschaft gegangen. Ich habe viel gelernt in diesen zwei Stunden – über Europa genauso, wie über Deutschland – und konnte sehen, wie die Augen geglüht haben (wie auch Wolfang Schäuble das hervorgehoben hat). Besonders aufgefallen ist mir das an zwei Stellen: Wenn Hans-Dietrich Genscher über Europa gesprochen hat, brannte er noch immer für seine europäische Idee und wenn er über Willy Brandt sehr persönlich gesprochen hat, konnte ich einen Respekt vor einer Person mit all ihren Facetten spüren, wie ich sie selten in der Politik wahrgenommen habe.
Wir sollten Genscher nicht verklären, er war nicht nur (aber eben auch) ein brillanter Außenpolitiker, sondern auch ein extrem guter – vielleicht der beste – Machtpolitiker, den die FDP hatte. Deshalb war ich auch froh, ihn in vielen europapolitischen Debatten und Herausforderungen fest an unserer Seite zu wissen.
Wahrscheinlich hätte er ohne genau dies aber auch nicht eine solche außenpolitische Wirkung entfalten können und zu der wandelnden Geschichte werden können, die ich auf dem Weg zur Parlamentarischen Gesellschaft erleben konnte: Im Regierungsviertel in Berlin herrscht eine gewisse Abstumpfung was hochrangige Politiker auf der Straße angeht. Mit Hans-Dietrich Genscher einige hundert Meter vom Adlon zur Parlamentarischen Gesellschaft zu laufen, zeigte, dass dies nur für Politiker, nicht aber für Staatsmänner und wandelnde Geschichte gilt. Ich habe für diese Distanz noch nie so lange gebraucht und nicht, weil Hans-Dietrich Genscher langsam gegangen wäre, sondern weil er Hans-Dietrich Genscher war und man keine fünf Meter gehen konnte, ohne dass Menschen ihn ansprachen und er sich –zumindest kurz – auch immer Zeit für diese Menschen nahm.
Deutschland hat zwei große Außenminister verloren, die Freien Demokraten haben zwei große Politiker verloren, Europa hat zwei überzeugte Europäer verloren und wir alle haben zwei große Menschen verloren.

Offener Brief: Danke für fast 14 sehr spannende Jahre
Offener Brief an die Kreistagsabgeordneten im Landkreis Kassel
Lieber Andreas, liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
heute habe ich dem Kreistagsvorsitzenden sowie dem Kreiswahlleiter mitgeteilt, dass ich zum 31. August 2015 mein Kreistagsmandat nach fast 14 Jahren niederlegen werde. Da ich nach erfolgreichem Abschluss meiner Promotion ab dem 1. September beruflich in Burgwald tätig sein und bald meinen Lebensmittelpunkt aus diesem Grund nach Waldeck-Frankenberg verlagern werde, ist dieser Schritt die notwendige Konsequenz, auch wenn sie mir nicht leicht fällt. Die Wähler erwarten zu Recht, dass ein Kreistagsabgeordneter auch für ihre Belange vor Ort ansprechbar ist und das könnte ich einfach nicht mehr im angemessenen Maße sein. Dass ich weiß, dass mit Heike Giede-Jeppe die beste Kreistagsabgeordnete, die ich mir vorstellen kann, nachrücken wird, macht mir den schweren Schritt nach so vielen Jahren etwas leichter.
Bei Ihnen allen möchte ich mich – genau wie bei den Mitgliedern der letzten beiden Legislaturperioden – ausdrücklich bedanken. Sie haben mich stark beeinflusst. Ich hatte die unglaubliche Chance, als 18-Jähriger Schüler seit meinem Nachrücken im Dezember 2001 Kreispolitik mitzugestalten. Dass Sie mich dabei sofort ernst genommen und als Diskussionspartner akzeptiert haben, erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit.
Egal ob es der gepflegte Streit mit den Abgeordneten Bochmann, Döhne, Gremmels, Hühne, Voß oder Weinert war oder der respektvolle Umgang mit anderen Meinungen, wie ich ihn mehrfach zum Beispiel von Herrn Pilgram-Knobel oder Frau Rüddenklau erfahren durfte – das alles hat mich geprägt.
Wenn man mich heute fragt, welches Projekt mich am meisten mit Stolz erfüllt, dann wird es ein kommunalpolitisches sein: Wie ich gemeinsam mit zwei Hofgeismarer Kreistagskollegen und dem damals sehr frischen Ersten Kreisbeigeordneten Uwe Schmidt die Anregung geben (und durchsetzen) konnte, dass die Brüder-Grimm-Schule einen Erweiterungsbau benötigt. Daran sieht man: Bei Kommunalpolitik geht es (häufig) um die Sache und Parteigrenzen sind weniger wichtig als auf anderen Ebenen. Natürlich haben wir als Kreistag auch in den letzten Jahren manchmal Weltparlament gespielt, von den Überflugsrechten beim Kosovo-Krieg bis hin zu vielen anderen bundespolitischen Entscheidungen, aber ausgemacht hat für mich die Kreistagsarbeit vor Ort, bei der ich mit Ihnen viel für den Landkreis Kassel bewegen durfte.
Dort etwas bewegen zu können, war auch nur möglich, da die Verwaltung – bei allem Dissens, ob man die Kreisverwaltung noch effizienter organisieren könnte – hervorragende Arbeit geleistet hat und die Kreistagsbeschlüsse umgesetzt hat. Egal ob es die Amtsleiter in meinem Ausschuss oder exemplarisch Mitarbeiter wie Herr Koch oder Herr Sennhenn sind, die sich ein Bein für diesen Kreis ausreißen – ich möchte Ihnen Dank für die Beantwortung mancher zu umfangreichen Anfrage und manche wertvolle Anregung sagen. Für Anregungen möchte ich auch dem Ausländerbeirat um Herrn Bozdogan danken, dessen Sitzungen in meinen ersten anderthalb Legislaturperioden wohl das Unterhaltsamste war, was ich an Sitzungen erleben durfte – die Einbürgerung von Herrn Altindag werde ich so schnell nicht vergessen.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle auch noch ein Wort zur Presse. Ich möchte vielen Journalisten, die den Kreistag, aber auch mich persönlich in den letzten Jahren begleitet haben, sehr danken. Herr Kühling hat für mich stellvertretend für viele andere gezeigt, dass journalistische Professionalität und freundlicher Umgang möglich sind – ohne die marktschreierische Absolutheit bei nur sehr überschaubarer Themenkompetenz manch anderer Journalisten. Insgesamt finde ich, dass nach einem Tiefpunkt in der letzten Legislaturperiode, in der de facto nur noch über den Kreisausschuss und nicht mehr über den Kreistag berichtet wurde, inzwischen wieder eine gute – wenn auch zu seltene – Berichterstattung über den Kreistag gegeben ist.
Zum Schluss noch einige persönliche Worte des Dankes, zuerst natürlich an meine Fraktionskollegen der letzten Jahre (nach „Dienstalter“) Klaus-Dieter Sänger, Dr. Otger Wedekind, Christa Fiege, Hans Dieter Schneider, Wolfgang Rother, Björn Sänger und Dr. Rainer Oswald. Sie waren immer sehr kollegiale und freundschaftliche Mitstreiter von denen ich – gerade bei Klaus-Dieter und Otger – unglaublich viel sachlich wie menschlich lernen durfte. Ihnen bin ich genau wie dem heutigen Landrat Uwe Schmidt und seinem Vorgänger Dr. Udo Schlitzberger sowie den Kollegen Gremmels, Bochmann, Rüddenklau und Dr. Gudehus für manchen klugen Rat und freundliches Wort sehr dankbar. Genauso dankbar bin ich meinem FDP-Kreisverband Kassel-Land, der immer eine sichere politische Heimat war und mir das Abenteuer Kreistag damals wie heute erst ermöglicht hat.
Mein größter Dank gilt aber den Wählerinnen und Wählern im Kreis! Ohne Sie hätte ich diese in 99 Prozent der Zeit sehr positiven Erlebnisse als Kommunalpolitiker nicht machen können – gerade mit 18 in den Kreistag gewählt zu werden und danach zwei Wiederwahlen für die Freien Demokraten zu schaffen, ist nicht selbstverständlich und das weiß ich.
Es gibt mit Sicherheit auch viele anderen, denen ich noch danken möchte und sollte, sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich Sie vergessen habe.
Ich werde versuchen gegen Ende der kommenden Sitzung des Kreistages im Oktober vorbeizuschauen und mich noch einmal persönlich bei Ihnen zu verabschieden. Da ich bereits vorher umziehe und damit die Wählbarkeit verlöre, musste ich allerdings vorab mein Mandat zurückgeben und wollte Ihnen deshalb auf diesem Weg danken.
Mit freundlichen Grüßen
Lasse Becker
(ehemaliger) Kreistagsabgeordneter

Jeder Bürgersteig ist Nudging – neuartiges Teufelszeug oder alter Wein in neuen Schläuchen
Angela Merkel will uns „nudgen“ … das heißt sie möchte uns ohne Gesetze psychologisch so beeinflussen, dass wir uns – aus ihrer Sicht besser – verhalten. Zumindest hat sie dafür einen kleinen Stab im Kanzleramt eingerichtet.
Nur, was heißt das jetzt? Ist das neuartiges Teufelszeug, um die Bevölkerung zu entmündigen oder nur etwas, was Politik eh schon immer gemacht hat, nur unter neuem Namen?
Im Rahmen des Forschungskolloquiums des cege Göttingen durfte ich vor kurzem einen Vortrag zu einem Papier von Prof. Schnellenbach hören, der jetzt in Cottbus lehrt und forscht und früher auch am Walter-Eucken-Institut in Freiburg tätig war. Sein Bezug war der, dass Soft Paternalism (also Nudging) sogar im Rahmen der konstitutionell-ökonomischen Theorien nach Buchanan in engen Grenzen zulässig sein kann.
Im Vortrag ist mir deutlich geworden, dass das Konzept des Nudgings aber gerade etwas unklar ist, es gibt eben keine klare Grenzziehung, was noch gerade so ein Nudge und was schon ein gesetzlicher Eingriff für den Bürger ist. Beispiel?
Für den Supermarkt-Betreiber ist es definitiv ein gesetzlicher Eingriff, wenn er die gesunden Produkte auf Augenhöhe des Kunden positionieren muss. Für den Endkunden ist es höchstens ein Nudge und spätestens wenn man sich anschaut, wie kleine (und größere) Kinder mit Süßigkeiten vom Supermarkt-Betreiber schon seit Jahren an der Kasse genudged werden, kann man die Frage stellen, ob es nicht nur die Reaktion auf früheres Nudging ist.
Auf der anderen Seite gibt es auch das Beispiel in Großbritannien, bei dem Bürgerinnen und Bürger von der Regierung psychologisch wirklich hart genudged werden, um potentiell auch gegen ihren eigentlichen Willen Organspender zu werden. Eine aus meiner Sicht äußerst fragwürdige Praktik.
Ein kleines und relativ unbestreitbar positives Beispiel für Nudging stammt ebenfalls aus Großbritannien, da dort aus kontinentaleuropäischer Perspektive auf der falschen Straßenseite gefahren wird, gibt es dort auf Straßen Bodenmarkierungen mit „Look right!“. Wenn man nicht gerade Bestatter für verunfallte Touristen ist, ist das ein wohl für jeden positiver Nudge. Wenn man will, kann man natürlich weiter ohne zu schauen die Straße überqueren, aber wenn man es nur aus Versehen getan hätte, wird man daran erinnert.
Aber generell zeigt sich in den drei Beispielen das Kernproblem hinter Nudging (und eigentlich auch hinter jedem Staatseingriff): Weiß die Regierung wirklich besser, was die Bevölkerung „eigentlich“ will? Bei Gesundheit oder der Fahrtrichtung mag man so noch argumentieren können, aber bei Organspende halte ich das für höchst fraglich.
Genau deshalb muss man sehr genau aufpassen, was durch Nudging geschieht. Ich hoffe, dass wir darüber auch im liberalen Umfeld noch weiter diskutieren.
Aber eigentlich ist Nudging aus meiner Sicht nur alter Wein in neuen Schläuchen: Jeder Bürgersteig ist Nudging und den haben wir schon etwas länger: Es steht uns frei, auf der Straße zu laufen, aber irgendwie sinnvoller ist es schon, den Bürgersteig zu nutzen.
Übrigens spannend zum Thema, eine Nudging-Seite aus den USA zum Selbst-Nudgen: http://www.stickk.com/

Die Freiheit ist bedroht – der nie gedruckte Leserbrief zur Vorratsdatenspeicherung
Leider akzeptiert die HNA keinen Leserbrief von mir, da ich politisch aktiv bin, hier deshalb meine Erwiderung auf den HNA-Kommentar von Herrn Kollhoff:
Sehr geehrter Herr Kollhoff,
als politisch Aktiver gebe ich mit Sicherheit einiges von meinem Leben auf Facebook preis. Aber viel weniger, als die Vorratsdatenspeicherung beim Staat für jeden Bürger hinterlegt: Ich finde nicht, dass der Staat wissen muss, wann CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer auf seinem Handy mit seiner Affäre telefoniert hat. Ich finde nicht, dass der Staat wissen muss, wann CDU-Politiker Wolfgang Bosbach den Anruf von seinem Arzt bekommen hat, dass er Krebs hat. Ich finde nicht, dass der Staat wissen muss, dass ich vorgestern mit einem Kreistagskollegen einer anderen Partei SMS geschrieben haben. Ich möchte selbst entscheiden, ob ich jemanden darüber informiere, wann ich klettern gehe oder einen Kaffee mit Ihrem Politikchef trinke. Über die Telefondaten meines Smartphones wäre all dies sonst feststellbar und ich könnte es nicht mehr selbst entscheiden. Diese Freiheit würde mir und jedem Bürger mit der von Ihnen unterstützten Vorratsdatenspeicherung genommen. Um es mit einem Zitat, dass ich auf Facebook und Twitter gesehen habe, zu sagen:
„Der Staat weiß mit wem K., wann telefoniert hat. Der Zoll weiß, wann K. Mittagspause gemacht hat. Das Jobcenter weiß, wieviel K. besitzt. Die EU weiß, wohin K. fliegt. K. ist unfrei.“
Anders ausgedrückt: Einem Vertreter der Union hat vor ein paar Jahren ein 14-Jähriger Schüler bei einer Podiumsdiskussion gesagt: „Wer nichts zu verbergen hat, führt ein furchtbar langweiliges Leben.“ Wenn Ihr Leben so ist, dass Sie alles öffentlich machen, oder das Leben von Heiko Maas, Thomas de Maizière, Sigmar Gabriel so langweilig ist, dass sie nichts zu verbergen haben – dann ist das vollkommen in Ordnung. Ich möchte die Freiheit behalten, auch ein weniger langweiliges Leben zu führen und nicht, dass der Staat Sie, mich, meine Nachbarn und Freunde alle als potentielle Schwerverbrecher ansieht und ständig überwacht. Genau das tut aber, die Vorratsdatenspeicherung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lasse Becker

Hydraulic Fracturing – Chancen und Risiken in Deutschland und Europa
Aktuell wird das sogenannte „Fracking“, korrekter Hydraulic Fracturing, durch die Gesetzesinitiative der Bundesregierung wieder stärker öffentlich diskutiert. Im vergangenen Herbst hatte ich die Möglichkeit auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in die USA zu reisen und dort einerseits in Washington D.C. mit Think Tanks der Regierung, Vertretern der Wirtschaft, Umweltverbänden, aber auch mit Mitarbeitern aus dem Kongress dieses Thema im Rahmen einer Diskussionsreise zu diskutieren und die Orte des Geschehens mir anzuschauen (das Bild zeigt ein Fracking-Pad in Pennsylvania im normalen Produktionsbetrieb). Dr. Dennis Schmidt-Bordemann hat hierzu bereits einen umfassenden Bericht verfasst, der einen detaillierten Überblick über die Diskussionen in den USA gibt. Weiterhin gibt es von unserem Gesprächspartner Congressman Tim Murphy auch einen Gastbeitrag im Tagesspiegel zum Thema. Ich möchte hier – mit Blick auf die Diskussion in Deutschland und Europa noch einige Details (sowie meine persönliche Meinung) ergänzen und kurz zusammenfassen:
Die Fakten in den USA
Die USA sind durch unkonventionelle Gasgewinnung vom Erdgasimporteur zum Erdgasexporteur geworden. Verglichen mit Deutschland findet das Hydraulic Fracturing in erheblich weniger dicht besiedeltem Raum statt – selbst das besuchte Gebiet in Pennsylvania ist weniger dicht besiedelt als viele Teile Deutschlands.
Weder sind ständig brennende Bohrtürme zu sehen, noch kommt es zu brennenden Wasserhähnen aufgrund der unkonventionellen Gasförderung.
Stattdessen werden insbesondere durch hohes Aufkommen von LKWs zur Wasserentsorgung im ländlichen Raum und Lärmbelästigungen in der Bohrphase (einige Monate) höhere Belastungen für die Bevölkerung festgestellt.
Die Bevölkerung profitiert andererseits auch direkt davon, da die Förderrechte in den USA dem Grundbesitzer gehören und hieraus erhebliche Einnahmen sowohl für die Besitzer der Production-Pads als auch auch für die Besitzer der Ländereien, unter denen horizontale Förderungen liegen, resultieren. In einzelnen Bundesstaaten gibt es gesetzliche Regelungen, dass darüber hinaus die staatlichen Einnahmen nach einem festen Schlüssel den Regionen der Förderung und dem Bundesstaat zufließen.
Städte wie Pittsburgh, die einen erheblichen Bevölkerungsrückgang zu verkraften hatten, konnten diesen Trend umkehren und sind in den letzten Jahren wieder gewachsen, bzw. nahezu geboomt.
Auch bei alternativen unkonventionellen Methoden der Ölförderung zeigt sich ein ähnliches Bild. Aufgrund höherer Kosten erreicht dies jedoch seltener die Wirtschaftlichkeitsgrenze. Anzumerken ist, dass unsere Gespräche bei einem etwas höheren Öl-/Gaspreis stattgefunden haben. Die OPEC hält aktuell ihre Förderquoten auch hoch, um die Konkurrenzfähigkeit unkonventioneller Förderung in den USA zu verringern.
Die Fakten in Deutschland
In Deutschland findet Gasgewinnung schon heute vor allem in Teilen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens konventionell statt. Diese Gebiete gehören r nicht alle zu den am stärksten verdichteten Räumen Deutschlands, sind aber erheblich dichter besiedelt als die besichtigten Gegenden in den USA:
Die Bevölkerung würde in Deutschland nicht direkt von der Förderung profitieren, da die unterirdischen Förderrechte bei uns nicht den Grundbesitzern gehören. Stattdessen würden die jeweiligen Gemeinden der Produktionsstätten – also nicht alle Gemeinden unter denen ein Rohr verläuft – über die Gewerbesteuer profitieren. Indirekt würden hierdurch auch Kreise, Länder und der Bund profitieren.
Die in Deutschland angedachten Regionen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind stark landwirtschaftlich geprägt.
Der subjektive Eindruck in den USA
In den USA freut man sich darüber, dass Regionen, die bisher abgehängt waren, wieder boomen. Gleichzeitig wurde (zumindest anfangs) der Shale Gas Boom auch von den Umweltverbänden größtenteils begrüßt, da durch ihn die erheblich dreckigere Kohleenergiegewinnung verdrängt wurde.
Dieser Trend hat sich in letzter Zeit umgekehrt, da die hohe Wettbewerbsfähigkeit unkonventioneller Gasförderung in den USA teils auch spürbar zu Lasten eines stärkeren Umstiegs auf erneuerbare Energien ging. Im Gegensatz zu diesem ist sie jedoch grundlastfähig.
Vor Ort wurden die erheblichen Belastungen in der Bohrungsphase sowie die Belastungen durch nicht ans Rohrsystem angeschlossene Produktionsstätten besonders benannt: Dies kann bis zu 80 tägliche Fahrten von Tanklastzügen zur Entsorgung des Abwassers nötig machen, was gerade im ländlichen Raum ungewohnt war.
Die einzelnen Personen und Unternehmen in den Regionen stellen positive Aspekte wesentlich stärker in den Mittelpunkt: Für einen älteren Herrn hat die Linzenzgebühr eine komplette Rente ermöglicht (ehemaliger Landwirt, der nur noch einige Acres besitzt, aber für eine darunter verlaufende Bohrstrecke mehrere Millionen erhielt) oder wird mittelfristig den defizitären Flughafen von Pittsburgh finanziert.
Wirtschaftlich rentierte sich die Produktion zumindest bei den Öl- und Gaspreisen im Spätherbst 2014.
Der subjektive Eindruck in Deutschland
In Deutschland gibt es kaum jemanden, der Hydraulic Fracturing nicht kritisch sieht, meist aufgrund vermeintlich drohender brennender Wasserhähne oder der Bohrtürme in der Nähe. Beides konnten wir in den USA nicht antreffen.
Über die Erfahrungen der Belastungen durch LKW-Verkehr wird in Deutschland weniger diskutiert, wobei dieser auch wegen der dichteren Infrastruktur (für Abwasserleitungen) weniger problematisch sein dürfte.
Das komplette System der privaten Anreize entfällt in Deutschland.
Bei Gesprächen mit Finanzinstitutionen wurde eine relativ hohe Skepsis zur Rentabilität von entsprechenden Projekten in Deutschland deutlich. Generell ist eine Einschätzung aufgrund der fehlenden exakten Informationen über Lagerstätten in Deutschland kaum möglich.
In anderen (insbesondere osteuropäischen) Ländern wird erheblich höhere Rentabilität erwartet.
Rahmen in den USA
Die Gesetzgebung für die umweltpolitischen Rahmenbedingungen in den USA liegt auf Ebene der Bundesstaaten. Es ist politisch mehr als unwahrscheinlich, dass sich dies mittel- oder langfristig ändern wird.
Deshalb gibt es auf Bundesebene vor allem Initiativen von Think Tanks, Stiftungen und Unternehmen, um für mehr Transparenz zu sorgen: Informationsplattformen werden hierzu aktuell erstellt.
Die Regelungen in den Bundesstaaten sind sehr unterschiedlich und verglichen mit deutschen Umwelt- und Wasserschutzstandards wohl meist als niedrig einzustufen.
Gleichzeitig gibt es aber einen Trend, dass es zu höheren Umweltstandards durch Absprachen und Zertifizierungen kommt. So führt das Center for Sustainable Shale Development in Pittsburgh einen erheblich weiter gehenden Umweltstandard ein, für den sich aktuell mehrere Firmen zertifizieren lassen. Dieser Standard wurde gemeinsam von Umweltverbänden (u.a. Environmental Defense Fund), Produzenten (z.B. Consol Energy) und unabhängigen Wissenschaftlern (z.B. emeritierte Präsidenten hochangesehener Universitäten) entwickelt und implementiert.
Übrigens setzt sich die zur Förderung genutzte Flüssigkeit zu 99,5 Prozent aus Wasser und Sand zusammen (weil in Deutschland häufig von einer Mischung aus Chemikalien gesprochen wird). Nur der kleine Rest sind Chemikalien, die jedoch aufgrund eines hohen Wasserbedarfs immer noch zu hohen Gesamtmengen führen. Weshalb im Zertifizierungsprozess z.B. dem Wasserrecycling eine besondere Bedeutung zukommt. Hier wurden die Zielvorgaben in der Vergangenheit in den USA teils sogar übererfüllt.
Rahmen in Deutschland
In Deutschland sind zentrale Fragen der Umweltpolitik auf Bundesebene gebündelt, so dass hieraus sich die aktuelle Diskussion auf Bundesebene ergibt.
Gleichzeitig haben die Bundesländer jedoch insbesondere im Bergrecht auch heute noch starke Einflussmöglichkeiten, so dass z.B. in Niedersachsen konventionelle Fördermethoden lange angewendet wurden und werden.
Private Initiativen zur Zertifizierung oder auch zur Definition von Informationsstandards in einer Branche sind in Deutschland unüblich.
Zusammenfassende Bewertung
Meine persönliche sowohl auf Fakten als auch auf eigenen Eindrücken beruhende Bewertung lautet: Hydraulic Fracturing wird sich in Deutschland wohl nicht durchsetzen. Das liegt meiner Einschätzung nach daran, dass die vermuteten Vorkommen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in den falschen Gebieten liegen. In Mecklenburg-Vorpommern oder in Brandenburg im weniger dicht besiedelten und ärmeren Raum sähe die Bewertung wohl anders aus.
Insgesamt scheint mir die Hysterie und Ablehnung in Deutschland insofern massiv übertrieben, als sie die wahren Belastungen wie die LKW-Transporte eher ignoriert und stattdessen vollkommen abstruse Bilder von brennenden Gas- und Ölfeldern in den Raum stellt – zumindest durfte ich dies bei einer Bürgerinitiative einmal erleben.
Vor allem haben mich aber die kritischen Aussagen zur Menge der Lager in Deutschland ebenso wie zur Rentabilität skeptisch werden lassen, sodass zu hinterfragen ist, ob sich das Verfahren in Deutschland überhaupt lohnen kann, wobei hierzu wohl weitere wissenschaftliche Untersuchungen notwendig und sinnvoll wären.
Geopolitisch hingegen halte ich Hydraulic Fracturing für eine spannende Option und glaube auch, dass sich dies in anderen Teilen Europas, die weniger besiedelt sind und auch noch andere Infrastrukturen vorhalten (z.B. Baltikum oder Polen) durchaus durchsetzen und unseren Energiemix verbessern könnte:
Wir brauchen grundlastfähige Energie und Gas ist so lange die sauberere Alternative zur Kohle, bis wir mit Speichertechnologien wirklich noch stärker erneuerbare Energien nutzen können. Außerdem ist geopolitisch auch eine größere Unabhängigkeit von Russland mehr als attraktiv.

Das hessische Opfer der NSU-Morde heißt Halit Yozgat.
Vor vier Jahren stand ich in Kassel in der Menschenkette zum Gedenken an Halit Yozgat. Hätte man mich damals gefragt, ob ich es für möglich halte, wie tief der hessische Verfassungsschutz in diesen abscheulichen Mord verstrickt zu sein scheint, dann hätte ich das verneint.
Fast jeden Tag fahre ich am Ort des Mordes mit dem Auto vorbei. Heute – am neunten Jahrestag des Mordes an Halit Yozgat – werde ich wieder in Kassel stehen, bei derGedenkveranstaltung u.a. der IG Metall Nordhessen. Ich bin nicht bereit, es hinzunehmen, dass in einem Rechtstaat Menschen ermordet werden und der Staat sich nicht einmal zu fragen scheint, was er zur Aufklärung beitragen kann.
Als Volker Bouffier in einem weinerlichen Statement in Wiesbaden erklärte, dass er von all dem nichts gewusst habe, erschien mir das ein so absurdes Theater, dass ich danach wütend war – wütend über einen Ministerpräsidenten, der so tut, als wäre er selbst ein Opfer, wütend über einen Verfassungsschutz, der nicht unsere Verfassung schützt, sondern mit Füßen tritt, wütend über eine Gesellschaft, die duldet, dass Schlapphüte so tun können, als wären ihre Agentenspiele wichtiger als Menschenleben.
Bei Torsten Denkler von der Süddeutschen konnte man nachlesen, dass unklar ist, ob der Schutz von Opfern immer im Mittelpunkt stand (Fromm spricht für die bundesweiten – sogenannten – Verfassungsschützer):
Was ist wichtiger, Mord-Aufklärung oder Schutz von V-Leuten? Fromm schwimmt, sagt dann: Aufklärung. Hmm, war wohl nicht immer so. #NSU
— Thorsten Denkler (@thodenk) 5. Juli 2012
Das darf in einem Rechtstaat nicht sein.
Wenn dann in Hessen mehrere Verfassungsschützer ausweislich der Mitschnitte von einem Mord wussten und nichts getan haben und danach noch von ihrem Innenminister beschützt und vor Strafverfolgung bewahrt werden, dann stellt sich nicht die Frage, ob Volker Bouffier Opfer ist, wie man den Eindruck bei seinem weinerlichen Auftritt in Wiesbaden gewinnen konnte, sondern vielmehr, ob er sich nicht selbst zum Mittäter eines Mordes gemacht hat.
Ich habe schon bei der Eröffnung des Landesparteitags der Freien Demokraten in Wetzlar bewusst gesagt:
„Wir als Politiker haben die Aufgabe, alles, aber auch wirklich alles zu tun, um die Aufklärung des hessischen NSU-Mordes zu ermöglichen.
Allein dass es so viele gut begründete Verdachtsmomente gibt, dass der Verfassungsschutz, der eigentlich unsere Verfassung, wie der Name schon sagt, schützen soll, in einen Mord verstrickt ist, ist vollkommen unerträglich.
Der hessische Ministerpräsident und damalige Innenminister kann und darf sich nicht zurückziehen auf die Position, dass man dem Verfassungsschutz nachweisen müsste, dass er in die Morde verstrickt wäre.
Nein, aufgrund Ihres Amtseides müssen SIE, Volker Bouffier, endlich deutlich machen und beweisen, dass der hessische Verfassungsschutz und damit indirekt SIE eben nicht von einem Mord wussten.
Und dabei darf keine Rücksicht darauf genommen werden, ob etwas die CDU, die FDP, die Grünen, die SPD oder sonst wen betrifft. Dass unsere Landtagsfraktion dies sachlich aber bestimmt in der Ermittlung vorantreibt, ist richtig und verdient unseren Respekt. Denn, dass im Leitbild der Freien Demokraten steht, dass Freiheit und Menschenrechte weltweit gelten sollen, heißt eben auch, dass die Menschenrechte in Deutschland immer gelten müssen und eigentlich der Staat noch nicht mal in den Verdacht kommen dürfte, Neonazis bei einem Mord zu decken.“
Ein Ministerpräsident, der diesen Verdacht nicht endlich klar ausräumt, darf nicht länger Ministerpräsident sein.
Ich bin immer noch wütend, weil ich heute wieder am Halit-Platz stehen werde, wie vor vier Jahren und wir bei der Aufklärung kaum einen Schritt weiter sind.
PS.: Die Behauptung Sigmar Gabriels, die Vorratsdatenspeicherung hätte die NSU-Morde verhindert, ist so absurd und eklig, dass man sie eigentlich nicht zu kommentieren zu braucht. War ja jetzt nicht so, als hätten die Behörden nicht genügend Hinweise gehabt.
Da einige noch um weitere Informationen gebeten hatten, hier eine kurze Liste an Informationen (ergänzt am 6.4.2015):
1. Die V-Leute durften wegen Bouffier nicht aussagen.
2. Der Verfassungsschützer der vor Ort war, kann nach den Tatortbegehungen das Mordopfer nicht übersehen haben (gibt da eine Nachstellung, die in diversen Medien aufgegriffen wurde).
3. Sogar die Richter haben den Verfassungsschützer als absolut unglaubwürdig dargestellt.
4. Bei den anderen Verfassungsschutz-Organisationen sieht es nicht besser aus.
5. Zitat vom Kontaktmann des Verfassungsschützers „Ich sage jedem, wenn er weiß, dass so etwas nicht passiert … nicht vorbeifahren“ spricht auch Bände. Zumal, wenn es zufällig in der Polizeimitschrift „vergessen“ wurde und erst von den Nebenklage-Anwälten zufällig beim Abhören der Bänder festgestellt wurde.

Noch viel zu tun …
Da im Landesparteitag in der Vorstellung nur schlagwortartig einige Punkte genannt werden konnten, hier einige der Projekte, die ich für den nächsten Landesvorstand für wichtig halte.
Neben der Evaluation der bestehenden Projekte geht es auch darum neue Projekte anzustoßen und laufende noch offene Projekte abzuschließen. Wir haben im letzten Jahr unter Führung von Stefan Ruppert schon viel geschafft, aber gleichzeitig auch noch einige Aufgaben vor uns liegen. Die Kommunalwahlvorbereitung ist die dringendste Aufgabe, aber auch unser Außenauftritt und die programmatische Tiefe muss im Fokus unseres Handelns stehen.
Akut in der nächsten Zeit:
- Internetseite der FDP Hessen muss zeitnah neugestaltet werden – inklusive Angeboten für Untergliederungen,
- Leitbildthemen müssen auf hessenspezifische Aspekte heruntergebrochen und für die Kommunalwahl aufbereitet werden,
- Kommunalwahlrahmen muss über die Hausmessen den Untergliederungen vorgestellt werden,
- Aktuelle Diskussionen zu Umlagen und Gebühren bei Bundespartei und LiPS müssen gemeinsam mit Kreisverbänden und Landesverband und zu einem gemeinsamen Konzept geführt werden, damit die Kommunalwahl nicht dadurch beeinträchtigt wird.
Generell in den nächsten zwei Jahren:
- Zuschnitte der Programmatischen Arbeit und der Landesfachausschüsse sollen am Anfang der Vorstandsperiode für die nächsten zwei Jahre diskutiert werden,
- Inhaltliche Vertiefung unserer Diskussionen zur Vorbereitung der nächsten Landtags-, Bundestags- und Europawahl muss jetzt stattfinden, damit wir Liberalen mit den besten Konzepten frühzeitig in die Wahlen gehen,
- Stärkere Präsenz bei Multiplikatoren, aber auch vor Ort in der Fläche mit Außenwirkung ist nötig – sowohl von der Fraktion als auch vom Landespräsidium,
- Werte – wie Wettbewerb, Toleranz und Respekt – müssen wieder stärker gelebt werden, um das Lebensgefühl Freiheit spürbar zu machen,
- Umstrukturierung der Landesgeschäftsstelle muss möglichst rasch abgeschlossen werden, um für den Kommunalwahlkampf wieder schlagkräftig aufgestellt zu sein.

Strich drunter … Status der Ideen von 2014
Vor einem Jahr bin ich angetreten mit Ideen für die FDP Hessen unter dem Titel „Frei und mit neuem Schwung“. In zwei Wochen ist der Landesparteitag mit Vorstandswahlen. Dazu möchte ich auf das vergangene Jahr zurückblicken und Rechenschaft legen, was in Arbeit ist, was abgeschlossen ist und was nicht geklappt hat. Ich freue mich über Kommentare und Rückmeldungen. Dabei bedeutet , dass ein Projekt keine Mehrheit gefunden hat oder in der Umsetzung gescheitert ist,
, dass ein Projekt begonnen, aber noch nicht abgeschlossen ist und
, dass ein Projekt vollständig oder größtenteils abgeschlossen ist. Nächste Woche poste ich dann meine Ideen (neben den gelben Projekten und weiterlaufenden grünen Projekten) für die nächste Vorstandsperiode. Deshalb hier der kommentierte Text vom letzten Jahr:
Bei unserem Landesparteitag in Gießen haben wir Fehler analysiert und Stefan Ruppert hat danach bereits als Kandidat für den FDP-Landesvorsitz einige Ideen skizziert. In Bad Soden gilt es, einen Neuanfang nicht nur auf dem Papier zu starten, sondern auch inhaltlich, strukturell und öffentlich zu untermauern.
Hierbei möchte ich als neuer stellvertretender Landesvorsitzender mitarbeiten und meine Ideen skizzieren. Kernaufgabe für uns Liberale sollte es sein, dass jeder – egal ob jung oder alt –, für den Freiheit ein wichtiges Thema ist, die FDP auch wieder als seinen oder ihren Ansprechpartner in der Politik sieht.
Zukunftsthemen neu erobern
Die FDP im Bund wie in Hessen war sich in den letzten Jahren häufig selbst genug. Seit den harten Diskussionen um Online-Durchsuchungen, Studiengebühren oder die Kinderschule – also seit fünf bis zehn Jahren – haben wir Liberalen kaum grundlegend neue Ideen entwickelt. Das muss sich wieder ändern. Hier sind alle Mitglieder, alle Delegierten und die gesamte Führung gefragt. Das Beispiel Kinderschule zeigt aber auch, dass Projekte immer wieder auf ihre Umsetzbarkeit überprüft werden müssen. Dies darf jedoch nicht den kreativen Prozess zur Entwicklung neuer Ideen unterbinden.
Meine Themen, die ich besonders bearbeiten möchte, weil sie meine Herzensthemen sind, sind Bildung, Infrastruktur
& Innovation
und Europa
. Was können wir Liberalen zum Beispiel von der Aufsteigernation Polen in der Bildungspolitik – insbesondere was die Selbstständigkeit und die Freiheiten von Schulen angeht, bei der unsere Kultusministerinnen schon viel bewegt haben – lernen? Wie können wir die Qualität des Unterrichts verbessern? Wie gelingt es uns, digitale (und analoge) Infrastruktur in ganz Hessen zu schaffen? Welche Folgen hat der demographische Wandel aus liberaler Sicht für den ländlichen Raum? Wie kriegen wir die Nadelöhre des Verkehrs in unserer Logistikregion Hessen geöffnet? Wie schaffen wir es, Europa schlanker und attraktiver werden zu lassen? Welche Ziele haben hessische Liberale für unsere Region im Herzen Europas?
Das sind alles Fragen, die mich beschäftigen. Um diese und anderen Themen effektiv bearbeiten zu können, müssen wir Strukturen der inhaltlichen Arbeit verändern: Wir müssen die Landesfachausschüsse besser verzahnen und für alle interessierten Mitglieder öffnen
. Thematische Anregungen für die Parteiführung und die Fraktion sind gerade in Zeiten einer kleinen Fraktion für die inhaltliche Arbeit sinnvoll
. Jeder Landesfachausschuss sollte es zum Ziel haben, mindestens einmal im Jahr einen Antrag im Landesparteitag zu stellen
. Gleichzeitig muss auch der generelle Zuschnitt der Landesfachausschüsse diskutiert werden
. Im kommenden Jahr sollten wir eine Diskussion darüber führen, an welchen Stellen es sinnvoll ist, Fachausschüsse zusammenzulegen oder zu trennen
. Temporäre Intensivarbeitsgruppen für Querschnittsthemen, wie sie von unserer Bundesgeneralsekretärin angeregt werden, können eine sinnvolle Ergänzung sein
.
Regelmäßige Treffen der Programmatiker in Präsidium und Landesvorstand mit den Landesfachausschussvorsitzenden sowie den Vorfeldorganisationen sind wichtig und sollten mindestens jährlich stattfinden. Gerade mit den Vorfeldorganisationen können hieraus auch Kooperationen im Bereich der Außenwirkung Vorteile ermöglichen
.
Darüber hinaus sind auch die Strukturen oberhalb der Landesebene zu berücksichtigen.
Klar ist für mich, dass Leitanträge mit Ausnahme von Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse immer mit dem regulären Antragsbuch versandt werden sollten und kompakt (idealerweise nicht mehr als 3-5 Seiten)
sein sollten. Um thematische Diskussionen mit den Fachausschüssen und deren Einbeziehung zu erleichtern, sollten Leitthemen möglichst für das Jahr vorab festgelegt werden
. Natürlich können trotzdem Fälle eintreten, in denen akute Themen diese Agenda kurzfristig verändern, aber als Richtschnur erscheint dies hilfreich.
Strukturen modernisieren
Als ich vor vierzehn Jahren Mitglied der FDP Hessen wurde, waren die Antragsbücher selten mit weniger als zehn bis fünfzehn Anträgen gefüllt. Dies hat sich leider geändert, was an der Attraktivität von Parteitagen nagt. Der Frage, ob zuerst die Parteiführung und die Fraktion die Beschlüsse weniger berücksichtigt haben
oder zuerst die Delegierten und Verbände weniger Anträge gestellt haben
, wird man nie Klärung verschaffen können. Wichtig ist jetzt, beides zu ändern:
Um die Bedeutung der Parteitage sichtbarer zu machen, sollte auf www.fdp-hessen.de eine strukturierte Beschlusslage aller Parteitagsbeschlüsse sichtbar werden, diese Beschlüsse vom Landesvorstand noch einmal thematisiert
und über deren Umsetzung dem nächsten Landesparteitag berichtet werden
.
Leichtere Strukturen zur direkten Einbringung auf allen Ebenen sollten auch in Hessen diskutiert werden, dieses Feld ist aus meiner Sicht eine der zentralen Aufgaben für einen einzuführenden Generalsekretär. Auch Überlegungen, gebündelte Mitgliederentscheide
einmal Jährlich stattfinden zu lassen, Urwahlen für Spitzenkandidaturen
zu diskutieren, Funktionsträgerschulungen anzubieten
oder Argumentationshilfen zu verfassen
sind hier diskussionswürdige Punkte.
Überzeugt bin ich, dass seitens der Landesebene weniger Druck durch Formalia auf die Untergliederungen ausgeübt werden sollte, sondern stattdessen die Landesgeschäftsstelle und die Fraktion kampagnenfähiger Dienstleister beziehungsweise inhaltlicher Ratgeber für die FDP-Untergliederungen
sein soll. Falls nötig, müssen hierfür auch Strukturen für weniger Administration und mehr Gestaltung angepasst werden
.
Die Öffnung für moderne Kommunikationsformen bei Veranstaltungen durch Live-Streams und echten Dialog auf Twitter
und Facebook
sowie die Nutzung zum Beispiel von YouTube
ist für mich unerlässlich für die Arbeit der hessischen Liberalen.
Um diese Ziele auch in der Vorstandsarbeit zu erreichen, benötigt der Landesvorstand strukturierte Sitzungen mit einer „echten“ Tagesordnung statt der ewigen „politischen Aussprachen“. Der Landesvorstand muss sich selbst als Arbeitsgremium begreifen: Jedes Vorstandsmitglied sollte Aufgaben fest zugewiesen bekommen
und Betreuungsgebiete (außerhalb des eigenen Kreisverbands)
übernehmen. Mindestens das Landespräsidium, idealerweise der gesamte Landesvorstand, sollte schriftlich auch dem Parteitag alle zwei Jahre Rechenschaft
ablegen.
Klare Führungsstrukturen beinhalten auch Führungsentscheidungen durch das Landespräsidium sowie bei wichtigeren Fragen durch den Landesvorstand
und bei grundsätzlicheren Fragen durch den Landesparteitag
. Dafür bedarf es mehr Sitzungen des Landespräsidiums
als des Landesvorstands sowie zusätzlich Telefonkonferenzen, um gerade ehrenamtliche Mitarbeiter nicht zu überlasten. All diese Sitzungen haben sich auf die Arbeitszeiten der Bevölkerung und nicht der Abgeordneten auszurichten
.
Die Einführung eines Ombudsmitglieds im Vorstand (später auch vom Parteitag gewählt) analog des Ombudsmitglieds als Anwalt der Basis und Ansprechpartner bei Konflikten und Problemen in der Partei gehört zu modernen Strukturen ebenso wie der Dialog vor Ort:
Deshalb sollte in jedem Bezirk der FDP einmal im Jahr der Landesvorstand tagen und an diesen fünf Sitzungen sollen auch alle Mitglieder zu einer offenen Diskussionsrunde im Anschluss eingeladen werden
.
Mitmachpartei in Hessen werden
Mitglieder, die aus den Jungen Liberalen stammen, wissen, dass es hier weitaus mehr Angebote sowohl für Mitglieder als auch für Externe gibt als häufig in der FDP. Um attraktiv zu sein, sollte intern wie extern der Dialog ausgebaut werden:
Testweise sollte im Jahr 2014 ein programmatisches Wochenende der FDP Hessen eingeführt werden, bei dem verschiedene Themen breiter und nicht nur von Funktionsträgern diskutiert werden können.
Jeder Landesfachausschuss sollte idealerweise einmal jährlich eine öffentliche Diskussionsveranstaltung, Informationsreise oder Online-Konferenz durchführen, um Mitgliedern, die noch nicht zum Stamm eines Fachausschusses gehören, einen leichteren Einstieg zu ermöglichen. Diese Veranstaltungen sollen in allen Bezirken
stattfinden. Jede Landesfachausschusssitzung sollte aber generell mitgliederöffentlich sein
.
Bestehende Veranstaltungen, wie die Landesparteitage, sollen um ein attraktives Rahmenprogramm erweitertet werden, von Neumitgliedertreffen
, über thematische Treffen
ist vieles denkbar. Gerade bei bestehenden Veranstaltungen sollte auch eine Evaluation über die Wahrnehmung der Teilnehmer erfolgen
.
Durch die Öffnung interessanter Veranstaltungen für Online-Besucher – mit Interaktion soweit möglich – kann ein breiteres Publikum angesprochen werden.
Darüber hinaus sollten sowohl lokal als auch überregional Multiplikatoren angesprochen werden. Für die Untergliederungen sind hierfür Unterstützungen durch die Landesebene sinnvoll. Aber auch für die Landesebene sind neue Ansprechpartner wichtig: Die FDP muss neben Wirtschaftsverbänden auch den Kontakt zu Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und anderen Organisationen suchen
.
Sowohl klassische Medien als auch neue Medien sollten von Liberalen ernst genommen und als Dialogpartner auf Augenhöhe gesehen werdenü: Wenn schon Gespräche mit einem vermeintlichen Kritiker kritisch gesehen werden, schadet das der Liberalen Außenwahrnehmung. Für diesen Dialog müssen wir auch neue Veranstaltungsformate entwickeln.
Die beste Werbung für die Freiheit und die Freiheitspartei FDP sind unsere Mitglieder, deshalb sollten wir diese und ihre Vielfalt auch gezielt nutzen und auf Homepage, im Mitgliedermagazin
, dass auch stärker für die Mitglieder als Autoren und für kontroverse Themen geöffnet werden sollte, sowie auf unseren Werbemitteln
sichtbar werden lassen. Gerade auch den Vorfeldorganisationen kommt Bedeutung zu, Interessierte an Politik heranzuführen und neue Themen zu diskutieren
.
Liberale koalieren in erster Linie mit den Bürgerinnen und Bürgern, um unsere Ziele umzusetzen. Da absolute Mehrheiten für die FDP kurzfristig eher unwahrscheinlich erscheinen, sind hierfür Gespräche mit anderen Parteien nötig. Für mich gibt es dabei keinen Unterschied zwischen Grünen, SPD und CDU als politischen Mitbewerbern. Gespräche sollten mit allen geführt werden, Grundskepsis gegenüber allen bleiben, aber ein Dialog in vertrauensvoller Sacharbeit ist mit allen drei Parteien möglich
.
Erläuterung:
- Thema Bildung war mit Anträgen – auch von mir – im Parteitag und Landesvorstand sowie in Gastbeiträgen präsent
- Thema Infrastruktur war mit Anträgen und einem Gastbeitrag von Dr. Stefan Ruppert präsent
- Verzahnung der Landesfachausschüsse wurde durch mich als Ansprechpartner für Fragen klarer
- Gaststatus für interessierte Mitglieder wurde durch Bettina Stark-Watzinger und Moritz Promny sowie den Landessatzungsausschuss in der Satzung fixiert
- Anregungen aus der Mitgliedschaft für die Arbeit von Fachausschüssen und Fraktion wurden aufgenommen und durch mich weitergegeben
- AG Demographie war mit der AG Programmatik als Querschnitt der Fachausschüsse durchgeführt (geleitet von Dr. Stefan Ruppert, Andreas Becker und mir)
- Ein Treffen mit allen LFA-Vorsitzenden und dem Landesvorstand hat unter Vorbereitung durch Dr. Stefan Ruppert, Bettina Stark-Watzinger, Olliver Stirböck und mir stattgefunden
- Anträge zum Bundesparteitag wurden eingebracht und vor Ort z.B. die Teilnahme an den AGs durch Dr. Stefan Ruppert und mich koordiniert
- Leitantrag Demographie wurde von Dr. Stefan Ruppert, Andreas Becker und mir entwickelt und mit dem Antragsbuch versendet
- Leitantrag Demographie war im normalen Word-Layout drei Seiten lang
- Die Themen wurden im Rahmen der Diskussion auf der Präsidiumsklausur festgelegt und mit dem Landesvorstand diskutiert
- Antragsbücher sind wieder voll
- Direkte Einbringung ist für alle Mitglieder leichter möglich durch Transparenz der Zuständigkeiten mittels der von mir erstellten Übersicht
- Dank Ralph Lange gab es Live-Streams bei den Parteitagen
- Gemeinsam mit Oliver Stirböck, Wiebke Reich und Dominik Erb war ich für Facebook und Twitter zuständig
- Echte Tagesordnung wurden eingeführt mit klaren Themen
- Aufgaben wurden eingeführt
- Die Präsidiumsmitglieder betreuen Kreisverbände
- Präsidiumsmitglieder diskutieren regelmäßig und intensiv auf zusätzlichen Sitzungen und Telefonkonferenzen
- Zeiten sind besser für Berufstätige
- Testlauf für Workshops beim Parteitag wurde in Willingen durchgeführt
- Öffnung für Online-Gäste bei Veranstaltungen ist erfolgt
- Mediengespräche wurden von Dr. Stefan Ruppert, Bettina Stark-Watzinger und mir durchgeführt
- Mit den Demonstrationen wurden auch neue Veranstaltungsformate entwickelt (Organisation von der Geschäftsstelle, Elias Knell, Bettina Stark-Watzinger und mir)
- Facebook-Kampagne zur Europawahl hat unsere Mitglieder und sympatische Freie Demokraten in den Mittelpunkt gestellt – hierfür war ich verantwortlich
- Mitgliedermagazin wurde in einem ersten Schritt durch Oliver Stirböck für Kreisvorsitzende geöffnet
- Auch mit allen anderen Parteien wurden Gespräche (auch durch mich) geführt
- kreative Prozesse zur Themenfindung wurden bei der Klausur eingeleitet, sind aber fortzusetzen
- Thema Innovation ist in Vorbereitung
- Thema Europa ist in der Diskussion
- Viele Landesfachausschüsse haben Anträge zum Parteitag gestellt
- Diskussion um die Struktur der Landesfachausschüsse läuft (u.a. in der AG Programmatik des Landesvorstands und den betroffenen Fachausschüssen)
- Erste Kooperationen wurden zur stärkeren thematischen Außenwirkung von Sachdebatten durch öffentliche Veranstaltungen getroffen
- Reflexion der Anträge und Weiterverfolgung noch in Arbeit wurde aber von Dr. Stefan Ruppert angekündigt
- Mitgliederentscheide wurden per Satzung ermöglicht, aber noch nicht durchgeführt
- Funktionsträgerschulungen und Argumentationshilfen wurde besonders von Marion Schardt und auch von Andreas Becker vor allem bei der AG Kommunalwahl begonnen, aber auch beim Leitbildprozess von allen weiteren Präsidiumsmitgliedern
- Umstrukturierung zum Dienstleistungszentrum erfolgt aktuell
- Neue Internetseite ist durch Oliver Stirböck (und bei der Konzeption auch durch mich) in Vorbereitung
- Für Youtube wurden neue Intros entwickelt, die zukünftig genutzt werden können
- Bisher gab es noch keine grundsätzlichen Fragen, die in den Landesparteitag hätten getragen werden müssen
- Präsidium hat in jedem Bezirk getagt
- Programmatisches Wochenende ist aktuell in Diskussionen, die ich mit externen Partnern führe
- Rahmenprogramm für Parteitage wird durch Arbeitsgruppe von Peter Engemann diskutiert
- Evaluation von Veranstaltung ist diskutiert, aber noch nicht umgesetzt
- Von diversen Präsidiums- und Landesvorstandsmitgliedern wurden Gespräche mit Verbänden geführt – von mir unter anderem mit Schülervertretern, Arbeitgeberverbänden, aber auch Unternehmen und Gewerkschaften
- Beschlusslage im Internet ist noch nicht eingeführt worden – aus technischen Gründen
- Urwahl von Spitzenkandidaten wurde abgelehnt
- Manche Formalia haben sich als unvermeidbar herausgestellt – siehe aktuelle Diskussionen um Umlagen
- Landesvorstandsmitglieder übernehmen keine Kreisverbandsbetreuung, da das Präsidium dies übernommen hat (deshalb rot und grün zugleich)
- Einführung eines Ombudsmitglieds wurde abgelehnt
- Offene Diskussionsrunden wurden abgelehnt, mangels Zeit für die Mitglieder, stattdessen dezentrale Präsenz der Präsidiumsmitglieder
- Online-Veranstaltungen waren nicht möglich
- Fachausschüsse haben rückgemeldet, dass Tagungen in allen Bezirken nicht zweckmäßig sind

Das Problem ist nicht Bodo Ramelow
Bodo Ramelow (Die Linke) wird vielleicht Ministerpräsident von Thüringen. Gewählt mit den Stimmen von SPD und Grünen. Auf Facebook, auf Twitter, aber auch in klassischen Medien konnte man viel darüber lesen, warum dies der finale Dammbruch der SPD und der Grünen sei. Auch ich tue mich mehr als schwer mit einem Sozialisten als Ministerpräsidenten. Aber das Problem dabei heißt aus meiner Sicht nicht Bodo Ramelow: Ramelow ist ein linker Gewerkschafter aus Niedersachsen bzw. Hessen. Ich saß Jahre lang mit Ulrich Meßmer im Kreistag, der war ein mindestens ebenso linker und wahrscheinlich weitaus demagogischer (er bezeichnet politisch Andersdenkende intern das eine oder andere Mal schon vor seiner Bundestagszeit als faschistisch) Gewerkschafter aus Hessen, der bevor ihn die Bürgerinnen und Bürger in Nordhessen abgewählt haben, eine Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag angehörte. Ramelow ist nicht das Problem, Ramelow ist wahrscheinlich pragmatischer als mancher linker SPDler und rot-rot-grüne Koalitionen – und übrigens auch kommunal einige exotischere Kombinationen mit CDU und Linken – gibt es in Ostdeutschland schon länger. Problematisch sind aus meiner Sicht zwei andere Dinge:
Linkspartei dahinter ist in Teilen untragbar
Das Problem der Linkspartei sind die Köpfe in der nächsten Reihe dahinter. Wenn eine Thüringer Landespartei der Linken ernsthaft heute noch Stasi-Spitzel, denen das gesamte Parlament ihre Parlamentsuntauglichkeit bescheinigt hat, auf vordere Listenplätze wählt, sollten sich SPD und Grüne, aber auch kommunal CDU, FDP und alle anderen Gruppierungen fragen, wie weit die geschichtliche Entwicklung dieser Partei wirklich ist.
Viele heutige Linkspartei-Anhänger haben nichts mehr mit der Stasi zu tun, aber wenn höhere Funktionsträger sich wünschen, dass die Stasi wieder existieren sollte, dann ist das ein Problem für alle demokratischen Parteien und eigentlich sollte dies auch zuallererst ein Problem für den demokratischen Teil der Thüringer Linken sein (ja, ich glaube, dass der existiert).
Aber auch diese wichtige Frage, ist eher eine politikinterne Frage, das ist mir im Gespräch mit Freunden letzte Woche viel klarer geworden.
Politik entzweit von den Menschen
Das weitaus gewichtigere Problem, mit dem sich gerade wir Liberalen beschäftigen sollten, ist, warum die Linkspartei als Kümmerer die Menschen so sehr erreicht, dass sie trotz obskurer Stasi-Vertreter und eines Programms, dass Thüringen bald abwürgen wird (ein Mindestlohn von € 10 für öffentliche Ausschreibungen wird eher Westfirmen begünstigen).
Anstatt dass wir uns auf Facebook aufregen, dass SPD und Grüne mit der Linken regieren, sollten wir uns fragen, wie die Linkspartei zum Kümmerer für so viele Bürgerinnen und Bürger werden konnte. Vielleicht genau deshalb, weil wir Politiker – in dem Fall egal ob Union oder FDP – und auch manche Journalisten- uns über das politische Tabu Linkspartei aufregen, anstatt inhaltliche Akzente zu setzen.
In meinem Bekanntenkreis außerhalb der Politik hat es nur die Mitglieder von politischen Parteien interessiert, dass der zukünftige Vielleicht-MP Thüringens Mitglied der Linkspartei ist. Wenn ich in Zeitungen über die ehrenamtlichen Hilfsprogramme der Linkspartei für Flüchtlinge lese, frage ich mich, ob da nicht die anderen Parteien viele Fehler machen.
Wir müssen Lösungen anbieten, anstatt nur in der politischen Blase vermeintlicher Tabus hängen zu bleiben.
Im Wahlkampf in Thüringen habe ich von Thomas Vollmar (FDP-Kreisvorsitzender in wahrscheinlich einer der härtesten Ecken Deutschlands für die FDP) gehört, dass für ihn ein Slogan wie „Bildung statt Mindestlohn“ klarer und besser für die Bundestagswahl, aber auch für die Landtagswahl gewesen wäre. Das sind wahre Worte, nach dem, was wir aktuell im Leitbildprozess der Bundes-FDP festgestellt haben, dürfte das auch für viele potentielle Wählerinnen und Wähler gelten: Bildung, solide und einfache Finanzstrukturen und Bürgerrechte werden dort nicht umsonst als Schwerpunkte ausgemacht.
Das sollten wir jetzt in den Mittelpunkt stellen, denn der wahre Schaden für Thüringen wird nicht Bodo Ramelow als Person sein, sondern der wahre Schaden wird aus einer Politik entstehen, bei der durch immer mehr Staat gerade der Mittelstand in Thüringen abgewürgt wird. Eine Politik, die in der Bildung auf Entmündigung der Schulen vor Ort, statt auf mehr Freiheiten setzt, wird nicht zu besserer, sondern zu schlechterer Qualität der Bildung führen. Das wird das wahre Problem in Thüringen werden und das wäre auch das Problem einer rot-rot-grünen Bundesregierung.
Die Vorsitzende der Grünen Jugend fragte letzte Woche, ob denn Arbeitsplätze ein Selbstzweck seien, wenn man dies als Leitsatz für rot-rot-grün sehen kann, dann zeigt das das Problem sehr deutlich auf. Wir brauchen eine Kraft, die dafür sorgt, dass noch Jobs in diesem Land entstehen, dass junge Menschen gut gebildet sind, um selbst ihr Leben zu gestalten und dafür zu sorgen, dass wir gut dastehen.
Wir sollten das deutlich machen. Wir müssen positiv zu Aufstiegschancen und Jobs in Deutschland stehen. Wir müssen uns mehr mit den Problemen der Menschen und Lösungen für sie und weniger mit Tabus in einer politischen Blase der Leute, die täglich online den Economist und zwei andere Tageszeitungen lesen, beschäftigen.