• Jugendmedienschutzstaatsvertrag … ein Wortungetüm ohne Internetsachkenntnis

    Öffnungszeiten (Quelle: photocase.com)Aktuell läuft die Diskussion um den Jugendmedienschutzstaatsvertrag … der ist nicht nur ein ausgewachsenes Wortungetüm, sondern auch ähnlich sperrig und antiquiert im Umgang mit dem Internet:

    Ideen, wie Zeitfenster zur Internetnutzung für spezielle Jugendschutzmaßnahmen z.B. bei Computerspielen, die FSK beschränkt sind, scheinen in Zeiten der weltweiten Internetnutzung nicht nur unsinnig, sondern aufgrund ihrer regionalen Begrenztheit auf Deutschland auch vollkommen wirkungslos. Viele Anbieter von entsprechenden Spielen (oder Foren dazu) würden im Zweifelsfall sofort mit ihren Servern ins Ausland ziehen. Und vollkommen unerträglich waren die Bestrebungen doch wieder Internetzensur-Strukturen zu schaffen (was aber inzwischen wieder vom Tisch ist): Wenn die Bundesregierung schon (zu) lange braucht, um Löschen statt Sperren durchzusetzen, sollten nicht zeitgleich die Bundesländer versuchen durch einen Staatsvertrag Sperr-Strukturen schaffen zu wollen. Natürlich ist der Jugendschutz auch im Internet wichtig, aber da sind einerseits die Eltern gefragt – entsprechende Tools gibt es ja – und andererseits sind die Medienkompetenz, z.B. an Schulen, und die Eigenverantwortung gefragt.

    Insgesamt kann man beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag eigentlich nur den Eindruck haben, dass Leute, die vom Internet keine Ahnung haben und denen irgendjemand schnell ihre Homepage gebaut hat, so tun, als wäre das Internet ein allein in Deutschland existierendes Netzwerk, mit dem Politiker machen könnten, was sie wollen. Das ist, ehrlich gesagt, ziemlicher Blödsinn.

    Doch was heißt das jetzt für das JuLi-Handeln?

    Natürlich ist die konkrete Frage der Ausgestaltung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages  – wie ich schon beim Landeskongress der JuLis in Rheinland-Pfalz gesagt habe – Landessache, aber gerade die Verzahnung der Länder mit FDP-Beteiligung ist hierbei wichtig. Ich habe mich deshalb nochmal bei unserem stellvertretenden Ministerpräsidenten und dem zuständigen FDP-Experten im Hessischen Landtag erkundigt, wie die Situation aktuell aussieht: Wir JuLis sind hier gefordert. Die hessische FDP-Fraktion hat der Staatskanzlei bereits Kritik am Jugendmedienschutzstaatsvertrag mitgeteilt und wird dies auch weiter tun, aber eine Abstimmung mit anderen Bundesländern befindet sich noch in der Vorbereitung, bzw. könnte bei der Fraktionsvorsitzendenkonferenz begonnen haben. Deshalb haben wir JuLis, in ganz Deutschland, aber besonders auch in den Ländern mit FDP-Regierungsbeteiligungen also in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein die Aufgabe, dieses Thema in die FDP zu tragen und die notwendige Sensibilisierung zu wecken. Eine gemeinsame Verzahnung kann da für uns alle nur von Nutzen sein und sollte durch die Bundesebene erfolgen.

  • Direkte Anregungen, wie BuVo-Chat, aus dem ersten Chat

    Gesternabend fand der erste Chat zum Thema „Basisnähe und Innerverbandliche Strukturen“ statt. Auch wenn das Chattool teilweise etwas gehakt hat (bei einer ehrenamtlichen Kampagne sind die Mittel nur sehr begrenzt) haben insgesamt 20 Personen mitdiskutiert und  knapp 100 den Chat mitverfolgt (98 Unique Visitors auf meiner Seite plus ein paar, die mir geschrieben hatten, dass sie Sie direkt über die Chatbox gehen, also dabei nicht mitgezählt werden). Das war mit Sicherheit etwas mehr, weil es der erste Chat war, aber ich hoffe, dass insbesondere die guten Ideen auch bei den weiteren Chats sprudeln.

    Einige Ideen, die aus dem Chat entstanden sind, und ich jetzt in die Diskussion mit dem Team nehmen möchte, waren zum Beispiel:

    • die Anregung eines regelmäßigen BuVo-Chats,
    • die Prüfung einer bundesweiten Kreisvorsitzendenkonferenz (wobei es hier durchaus auch Diskussionen über die Frage, ob diese virtuell oder real sein soll und ob nicht besser alle Mitglieder beteiligt werden sollten, offen sind),
    • die Anregung eines stärkeren Feedback-Systems bei Veranstaltungen des Bundesverbands,
    • die Einbindung von Best-Practise-Beispielen für die Newsletter,
    • die Prüfung mehrerer konkreter Punkte (z.B. Content-Durchschaltung) im Regio-System.

    Ein paar dieser Punkte stehen schon im Programm, andere – wie der BuVo-Chat – wären neu und werden gern diskutiert. Wichtig ist aber auch, dass Fragen wie die Strukturierung der Wettbewerbe und die Durchführung von dezentralen Veranstaltungen im Chat auch rückgekoppelt und intensiv diskutiert werden konnten.

    Alles in allem bin ich begeistert von der Resonanz aus dem Verband und dem tollen Feedback von Euch! Ich freue mich schon auf die nächsten Chats und lade euch hiermit rechtherzlich zu diesen ein. Infos über Zeit und Themen findet Ihr in der entsprechenden Unterrubrik.

  • „Lebenschancen“ … das heißt vor allem Bildung

    Christian Lindner hat sehr zu recht im Artikel in der ZEIT auch den Begriff „Lebenschancen“ angesprochen. Das ist ein zentrales Leitbild, das – von Dahrendorf geprägt – ein Schlüssel zum modernen Liberalismus ist:

    Nur wenn durch Freiheit und Bildung ein Rahmen geschaffen wurde, mit dem junge Menschen wirklich alle Chancen eröffnet bekommen, können Liberalismus und Eigenverantwortung voll zur Geltung kommen. Deshalb brauchen wir ein Bildungssystem, das weggeht von den ideologischen Grabenkämpfen der Vergangenheit, ob nun ein dreigliedriges Schulsystem oder Gesamtschulen besser sind. Beide Schulformen können gute Ergebnisse abliefern. Deshalb sollten wir eine bessere Ausstattung an den Schulen anmahnen, anstatt Schulformkriege zu führen.
    Es gibt Zahlen, nach denen den Staat ein Hauptschüler innerhalb der regulären Hauptschule oder Gesamtschule zwischen 3000 und 4000 Euro im Jahr kostet … ein Hauptschulabbrecher in einer Qualifizierungsmaßnahme zum Hauptschulabschluss hinterher teilweise aber weit über 10000 Euro im Jahr. Wir setzen die falschen Prioritäten, wenn wir hinterher heilen wollen, was der Staat am Anfang falsch gemacht hat. Deshalb halte ich eine Verlagerung hin zu einem Chancen eröffneten, vernetzten Bildungssystem, in dem Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Unterricht Hand in Hand gehen und die Lehrer sich wirklich auf das unterrichten konzentrieren können und durch Schulassistenten und das Umfeld entsprechend von anderen Aufgaben entlastet werden.

    Genau dafür brauchen wir dann aber mit den Bildungsgutscheinen für das Erststudium und die Ausbildung ein schlüssiges Gesamtkonzept mit dem wir wirklich arbeiten und eben Lebenschancen ohne Neiddiskussionen eröffnen können. Das ist aus meiner Sicht eine der sozialsten Wege Politik zu machen:

    Lebenschancen auf dem Weg zur Freiheit ermöglichen und positive Freiräume schaffen.

  • SWIFT ist gekippt … Sternstunde des Europaparlaments

    Der amtierende Präsident Rouček Libor lag mit seiner Einschätzung „eines wahrhaft historischen Moments“ nach der Entscheidung des Europäischen Parlaments zum SWIFT-Abkommen wohl sehr richtig. Nicht nur, dass das Europäische Parlament erstmals nach dem Lissabon-Vertrag seine neuen Rechte wirklich genutzt hat; es hat vielmehr auch einen massiven Fehler der nationalen Regierungen korrigiert.

    Die Weitergabe von Bankdaten ist zweifelsfrei ein gewaltiger Eingriff in die Freiheitsrechte jedes einzelnen Bürgers Europa. Deshalb war es richtig, dass das Europäische Parlament sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht hat und trotzdem dem Druck aus den USA nicht erlegen ist.

    Terrorbekämpfung darf nicht als Vorwand genutzt werden, um grundlegende Rechte auszuhebeln. Die liberale ALDE-Abgeordnete und Berichterstatterin Jeanine Hennis-Plasschaert (VVD/Niederlande) hat vollkommen richtig hervorgehoben, dass Grundsätze unseres Rechts durch das Abkommen missachtet würden, dass noch dringender Nachbesserungsbedarf besteht und dass die USA wohl auch nicht die Freiheit ihrer Bürger soweit einschränken und Daten weitergeben würden.

    Anschließend hat das Parlament – trotz des Versuchs einer Vertagung durch die EVP – SWIFT deutlich gekippt. Hier der Auszug aus der Debatte mit der Rede von Jeanine Hennis-Plasschaert (ruhig danach weiterschauen … direkt im Anschluss geht es weiter mit der Abstimmung):

    An so einem Tag kann man verdammt stolz auf das Europäische Parlament sein.

  • Verkehrte Welt beim Nacktscanner

    Irgendwie hat man manchmal den Eindruck, dass auf dem Tisch der Koalitionsrunden in Berlin irgendetwas ins Wasser gepanscht wird. Die Grünen haben jeden sicherheitspolitischen Blödsinn von Schily mitgemacht und auf einmal fangen auch eigentlich bürgerrechtsgeprägte Liberale damit an:

    „Wenn die Würde des Menschen gewahrt bleibt, müssen wir zur Sicherheit der Passagiere auch in solche Systeme investieren“

    Gisela Piltz, gestern

    Müssen wir wirklich? Und was  ist in dem Fall die Würde des Menschen? Reicht meine Würde als Otto-Normalverbraucher ohne Piercing und künstlichen Darmausgang, bei dem so ein Nacktscanner ohnehin nicht anschlägt?

    Wenn ich mich erstmal der ersten Frage widme, komme ich relativ schnell zu dem Ergebnis, dass es auch an andere Methoden zur Sprengstoffabtastung gäbe und dass der auf Twitter geäußerte nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag Bienen zu verwenden aufgrund der an der einen oder anderen Stelle wohl noch vorhandenen technischen Probleme, sogar bessere Ergebnisse bringen könnte. Zumal ich mich gegen ein generelles „Da müssen wir.“ sträube, wenn damit nur ein einziger Einzelfall (im Nachhinein) gelöst werden könnte. Soweit ich weiß ist nach dem ersten Versuch von Waffen im Schuh schon verdammt lange kein entsprechender Versuch mehr unternommen worden, im Schuh Waffen oder Sprengstoff zu transportieren. Terroristen finden immer einen Weg und erst mit den vollkommen sedierten Fluggästen der TAZ könnte man das wohl nahezu ausschließen (und selbst dann nicht vollständig).

    Bleibt die zweite Frage, für wen den jetzt die Würde des Menschen gelten soll. Es ist, finde ich, schon ein Unterschied, ob man zukünftig künstliche Darmausgänge systematisch prüfen will. Und ja, das müsste man in der Logik der Sicherheitsfanatiker, denn wo ließe sich besser etwas Gefährliches Schmuggeln als in einem künstlichen System im Körper. Das ist dann aber eben eine massive Einschränkung der Menschenwürde. Während meines Zivildienstes habe ich selbst gesehen, wie sich so schon manche Leute für eine künstlichen Darmausgang schämen. Viele von denen werden dann einfach nicht mehr reisen. Von daher erscheint mir dieser Königsweg eines Nacktscanners ohne Verletzung der Menschenwürde ein Widerspruch in sich und da müssen Liberale klar Farbe bekennen. So etwas darf es mit der FDP im Deutschen Bundestag nicht geben und Jörg van Essen, Gisela Piltz und leider auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gehören da  einfach zurückgeholt zu ihren eigenen Grundsätzen:

    „Die Bilder sind so detailliert, dass man sogar Brustamputationen oder andere äußere chirurgische Eingriffe erkennen kann. Mit diesen Scannern wird einem buchstäblich auch das letzte Stück Privatsphäre ausgezogen.“

    Gisela Piltz, 24.10.2008

    Auch wenn der Computer jetzt eine Maske drüberlegt, bleibt diese Privatsphäre darunter doch nicht mehr erhalten und gerade bei den skizzierten Fällen kommt die Maske wahrscheinlich gar nicht darüber. Da sollte man lieber wirklich die Frage stellen, ob nicht zukünftig vielleicht besser ausgebildete Kräfte diese eigentlich ziemlich hoheitliche Aufgabe wieder übernehmen sollten.

    Qualititativ ist es für mich da schon ein gewaltiger Unterschied, ob der Sicherheitsdienst jemanden rauswinkt, der sich auffällig verhält und den genauer untersucht, oder ob prinzipiell alle einmal gescannt werden und die Bilder nur von einer Maske teilweise überdeckt werden – und bei manchen gesundheitlichen Problemen eben nicht.

    Deshalb:

  • Keine Demokratie in Afghanistan, aber SPD-Mitgliederbefragung

    Manchmal wundere ich mich ein wenig, wofür Karl-Theodor zu Guttenberg gefeiert wird:

    „Ich bin schon länger zu der Überzeugung gelangt, dass Afghanistan gerade wegen seiner Geschichte und seiner Prägung sich nicht als Vorzeigedemokratie nach unseren Maßstäben eignet.“

    Diese Erkenntnis stammt aus der Bild am Sonntag.

    Afghanistan-KarteNicht, dass er damit nicht recht hätte, aber ich hatte bisher auch eigentlich weder den Eindruck, dass Frank Walter Steinmeier noch Angela Merkel morgen Bundestag und Bundesrat oder Congress und Senat in Kabul aufmachen wollen. Aber trotzdem: Ein Fleißpünktchen für KT, weil er zumindest dafür gesorgt hat, dass diese Position auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

    Beunruhigender finde ich da die Nachrichten aus der SPD, die ihre bisherige Positionierung in Frage stellt. Die Mitgliederbeteiligung ist mit Sicherheit wichtig, nur wird sie nicht gerade dazu beitragen, dass die deutschen Soldaten in Afghanistan sich unterstützter in ihrem umstrittenen Auftrag fühlen. Persönlich glaube ich, dass man bei einem solchen Auftrag direkt zu Beginn sehr genau prüfen muss, was sinnvoll ist und was nicht, und wie man die Mission erfolgreich beenden kann. Danach sollten diejenigen, die diese Prüfung vollzogen und unterstützt haben, sich auf die Zielumsetzung konzentrieren und dabei die Soldaten vor Ort unterstützen.

    Ein ständiges Hin und Her in Deutschland schwächt die Soldaten vor Ort, was man ja auch schon hören konnte. Deshalb sollten wir sehr ernsthaft sagen: „Ja, es handelt sich um einen Kriegseinsatz. Ja, wir haben dort heute immernoch eine Verantwortung.“

    Das heißt nicht, dass wir auf ewig deutsche Soldaten in Afghanistan benötigen. Vielmehr muss es gelingen zivile Strukturen, die die Menschenrechte respektieren und tragen, zu schaffen. Das wäre mein Anspruch auch an eine afghanische Demokratie. Wenn wir das zeitnah schaffen, was unser wahres Ziel sein sollte. Dann haben wir unsere Exit-Strategie – egal, was der Mitgliederentscheid der SPD bringt.