
Was der #ALDECongress eigentlich so macht.
Als eines der wenigen Ehrenämter, die ich in der Politik noch habe, vertrete ich die FDP im Rat der Europäischen Liberalen (ALDE-Council) und im ALDE-Congress.
Was wir da so machen – dieses Wochenende war von Donnerstag bis Samstag #ALDECongress in Athen – habe ich in einem Video mit unserer Europaabgeordneten Svenja Hahn, die auch President von LYMEC, der europäischen liberalen Jugendorganisation ist, diskutiert.

Lasse reden: Warum es wichtig ist, wieder persönlich miteinander zu reden.
Ich finde, uns geht die Fähigkeit miteinander zu reden und unterschiedliche Meinungen zu haben, verloren. Darüber habe ich heute ein bisschen laut nachgedacht. Das hat für mich auch etwas mit der Missverständlichkeit der Schriftform und dem nur sehr oberflächlichen Kennen des Gegenübers auf sozialen Medien zu tun.

Der Tag, an dem wir den Euro nach Jermuk brachten
Jermuk liegt in Armenien zwischen dem Sewansee und Yerevan. Bekannt ist der Ort für sein Mineralwasser, das man fast im gesamten Kaukasus trinken kann. Es gibt natürlich auch andere Getränke vor Ort. Und für die benötigt man Cash. Aber von Anfang an:
Das erste Mal waren wir im Jahr 2007 in Jermuk. Einem ehemaligen sowjetischen Luftkurort, in dem gerüchteweise ein paar Jahrzehnte zuvor der Diktator Stalin im ersten Haus am Platz genächtigt hatte. Wir hingegen waren im „First House of Recreation“ einem „sleazy soviet sanatorium“, wie der Lonely Planet die anderen ehemaligen Sanatorien auch nannte, untergebracht. Wir, das war eine Gruppe junger Liberaler, die für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Workshops mit Jugendorganisationen – von AIESEC bis zu den Jugendorganisationen diverser politischer Parteien – gehalten hab, um für demokratische Strukturen zu werben und Fähigkeiten zu schulen.
Üblicherweise holten wir uns am ersten Tag für das jeweilige Land die lokale Währung am nächsten Geldautomaten. So hatte es zumindest vorher in Aserbaidschan und Georgien funktioniert und so war zumindest der Plan auch in Jermuk. Nachdem wir keinen Geldautomaten gefunden hatten, fragten wir einen Taxifahrer um Rat. Der bot freundlicherweise an, uns die 40km bis zum nächsten Geldautomat zu fahren, was wir aber höflich ablehnten. Ein Blick in unsere Geldbörsen ergab, dass wir nur noch eine sehr begrenzte Menge US-Dollar dabei hatten, aber noch genügend Euro.
Also ging es in einen Minimarket/Tante-Emma-Laden mit grandios guten Oliven, an die sich der aktuelle JuLi-Bundesvorsitzende wahrscheinlich noch heute freudig zurückerinnern wird. Dort versuchten wir den Ladenbesitzer zu überzeugen, diese komischen Banknoten mit dem € drauf zu akzeptieren. Dank der Übersetzungsleistung einer armenischen Freundin tat er das dann auch, wenn auch skeptisch und etwas widerwillig. Gekauft wurden ein Kasten Bier, ein paar Softdrinks, ein wenig Wodka und viele Oliven. Der Gegenwert in Euro war bei normalen Wechselkurs so gering, dass wir dem Händler einen verdammt guten Euro-Kurs gemacht haben.
Als wir am nächsten Tag wieder kamen, hatte er zwischendrin wohl geprüft, was diese komische bunte neue Währung wert war und war mit unserem Wechselkurs mehr als zufrieden. Wir haben in der Woche noch drei Mal bei ihm eingekauft und am letzten Tag verabschiedete er uns, in dem er uns ein „langes und gesegnetes Leben“ wünschte.
So haben junge Liberale den Euro nach Jermuk gebracht, nachdem wir einen Umweg fahren mussten, um nicht in die rituelle Aufrechterhaltung des Krieges zwischen Aserbaidschan und Armenien zu kommen. Das ist allerdings – genau wie die Granathülsen auf dem Parkplatz unseres Autos in Gori – eine andere Geschichte.
In loser Folge möchte ich über kuriose und besondere Momente (positiv wie negativ) in inzwischen fast 20 Jahren Politik berichten. Beginnen möchte ich mit einer der witzigeren Geschichten aus dem Jahr 2001. Spoiler: Es wird eine „Opa-erzählt-vom-Krieg“-Geschichte, aber das dürfte in dieser Rubrik fast immer der Fall sein.

Satire darf Grenzen ausreizen … und Politik muss nicht jeden Mist kommentieren
Bei „Erdowie, Erdowo, Erdogan“ von Extra3 habe ich mich vor dem Handy totgelacht. Als ich Jan Böhmermanns Schmähgedicht gesehen habe, fand ich es nicht sonderlich lustig, fand aber das Ziel, dass er mit seiner Einleitung verfolgt großartig: Er stellt selbst heraus, dass dies keine Satire mehr sei, sondern zeigt, was in Deutschland gerade nicht mehr oder maximal gerade noch zulässig ist. Das erinnert – nicht nur von der Wortwahl („nicht klatschen, nicht klatschen“) an die großartigsten – weil lehrreichsten – Momente des Colbert Reports, der einer breiten Öffentlichkeit z.B. die Absurditäten der Super-PACs in den USA näher gebracht hat. Satire darf auch Grenzen aufzeigen und ich wünsche mir, dass die politische Satire auch die Grenze der Absurditäten deutscher Gesetze erreicht. Deshalb finde ich das Gedicht von Jan Böhmermann zwar inhaltlich merkwürdig und unrichtig, aber sein Anliegen und die Art des Beitrages richtig und interessant. Er sagt schließlich selbst gefühlte 50 Mal, dass dies unzulässig sei und aus der Mediathek gelöscht würde.
Neo Magazin Royale – Erdogan Schmähgedicht from Ldoa k on Vimeo.
Schwer zu verstehen, ist die Politik des ZDF, die ja auch zurecht von anderen Satirikern – sogar von der eher banalen HeuteShow – angegriffen wurde: In einem solchen Moment sollte man das Ziel dahinter sehen und zumindest abwarten, bis derjenige, der juristisch etwas vorbringen kann – also Erdogan –, dies auch getan hat. Alternativ hätte man auch Jan Böhmermann direkt feuern können, wenn er wirklich so mit allen Standards des ZDF gebrochen hätte. Das wäre zwar schade gewesen, aber zumindest stringent. Um auch hier ein Beispiel aus den USA zu verwenden: Bill Maher, der meiner Einschätzung nach beste politische Satiriker der USA, wurde nach einer streitbaren Aussage zum 11. September gefeuert. Er ist danach nur besser geworden.
Warum die Kanzlerin sich ernsthaft mit einem Gedicht befassen muss, lässt sich für mich schwer erklären – außer über einen inhaltlich ebenfalls schwer zu erklärenden Deal mit der Türkei in der Flüchtlingskrise. Als Bundeskanzler wäre es klüger gewesen, den Mund zu halten und einfach mal den Rechtstaat wirken zu lassen. Das hätte übrigens auch der Gewaltenteilung entsprochen. Wenn Erdogan ein Problem hat mit der Schmähkritik, dann kann er das klären lassen, aber es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung jeden Mist zu sehen geschweige denn zu kommentieren. Die Frage ist auch, ob Erdogan das juristische Verfahren angestrengt hätte … der österreichische Bundespräsident hat schön in der Süddeutschen ausgeführt, warum dies nicht sinnvoll ist und das teile ich. Es fällt schwer, Satire zu ertragen, wenn man sie dumm und nicht lustig findet – ging mir bei einer Anzeige in der Titanic zu meiner Person auch so – aber deshalb so durchzudrehen, erscheint mir mehr als unangemessen.
Allerdings muss auch Jan Böhmermann lernen mit Kritik umzugehen: Meinungsfreiheit heißt, dass jeder alles sagen darf, aber nicht, dass es unwidersprochen bleiben muss und es ist auch Meinungsfreiheit, wenn jemand sagt, dass er das Schmähgedicht dümmlich findet – nur lässt man seine Privatmeinung üblicherweise nicht über einen Regierungssprecher ausrichten. Der am Anfang angesprochene Stephen Colbert wurde geprügelt und gefeiert für eine großartige Persiflage auf den damals amtierenden George W. Bush. Bill Maher wurde für eine politisch nicht dem Mainstream entsprechende Aussage auf ABC gefeuert. Das gehört dazu, wenn man Grenzen ausreizt. Aber man sollte die Grenzen eben trotzdem ausreizen.
Und zum Abschluss noch etwas, dass auf jeden Fall mich zum Lachen gebracht hat:
Beitragsbild stammt von Ruthe.

Jeder Bürgersteig ist Nudging – neuartiges Teufelszeug oder alter Wein in neuen Schläuchen
Angela Merkel will uns „nudgen“ … das heißt sie möchte uns ohne Gesetze psychologisch so beeinflussen, dass wir uns – aus ihrer Sicht besser – verhalten. Zumindest hat sie dafür einen kleinen Stab im Kanzleramt eingerichtet.
Nur, was heißt das jetzt? Ist das neuartiges Teufelszeug, um die Bevölkerung zu entmündigen oder nur etwas, was Politik eh schon immer gemacht hat, nur unter neuem Namen?
Im Rahmen des Forschungskolloquiums des cege Göttingen durfte ich vor kurzem einen Vortrag zu einem Papier von Prof. Schnellenbach hören, der jetzt in Cottbus lehrt und forscht und früher auch am Walter-Eucken-Institut in Freiburg tätig war. Sein Bezug war der, dass Soft Paternalism (also Nudging) sogar im Rahmen der konstitutionell-ökonomischen Theorien nach Buchanan in engen Grenzen zulässig sein kann.
Im Vortrag ist mir deutlich geworden, dass das Konzept des Nudgings aber gerade etwas unklar ist, es gibt eben keine klare Grenzziehung, was noch gerade so ein Nudge und was schon ein gesetzlicher Eingriff für den Bürger ist. Beispiel?
Für den Supermarkt-Betreiber ist es definitiv ein gesetzlicher Eingriff, wenn er die gesunden Produkte auf Augenhöhe des Kunden positionieren muss. Für den Endkunden ist es höchstens ein Nudge und spätestens wenn man sich anschaut, wie kleine (und größere) Kinder mit Süßigkeiten vom Supermarkt-Betreiber schon seit Jahren an der Kasse genudged werden, kann man die Frage stellen, ob es nicht nur die Reaktion auf früheres Nudging ist.
Auf der anderen Seite gibt es auch das Beispiel in Großbritannien, bei dem Bürgerinnen und Bürger von der Regierung psychologisch wirklich hart genudged werden, um potentiell auch gegen ihren eigentlichen Willen Organspender zu werden. Eine aus meiner Sicht äußerst fragwürdige Praktik.
Ein kleines und relativ unbestreitbar positives Beispiel für Nudging stammt ebenfalls aus Großbritannien, da dort aus kontinentaleuropäischer Perspektive auf der falschen Straßenseite gefahren wird, gibt es dort auf Straßen Bodenmarkierungen mit „Look right!“. Wenn man nicht gerade Bestatter für verunfallte Touristen ist, ist das ein wohl für jeden positiver Nudge. Wenn man will, kann man natürlich weiter ohne zu schauen die Straße überqueren, aber wenn man es nur aus Versehen getan hätte, wird man daran erinnert.
Aber generell zeigt sich in den drei Beispielen das Kernproblem hinter Nudging (und eigentlich auch hinter jedem Staatseingriff): Weiß die Regierung wirklich besser, was die Bevölkerung „eigentlich“ will? Bei Gesundheit oder der Fahrtrichtung mag man so noch argumentieren können, aber bei Organspende halte ich das für höchst fraglich.
Genau deshalb muss man sehr genau aufpassen, was durch Nudging geschieht. Ich hoffe, dass wir darüber auch im liberalen Umfeld noch weiter diskutieren.
Aber eigentlich ist Nudging aus meiner Sicht nur alter Wein in neuen Schläuchen: Jeder Bürgersteig ist Nudging und den haben wir schon etwas länger: Es steht uns frei, auf der Straße zu laufen, aber irgendwie sinnvoller ist es schon, den Bürgersteig zu nutzen.
Übrigens spannend zum Thema, eine Nudging-Seite aus den USA zum Selbst-Nudgen: http://www.stickk.com/

Die Freiheit ist bedroht – der nie gedruckte Leserbrief zur Vorratsdatenspeicherung
Leider akzeptiert die HNA keinen Leserbrief von mir, da ich politisch aktiv bin, hier deshalb meine Erwiderung auf den HNA-Kommentar von Herrn Kollhoff:
Sehr geehrter Herr Kollhoff,
als politisch Aktiver gebe ich mit Sicherheit einiges von meinem Leben auf Facebook preis. Aber viel weniger, als die Vorratsdatenspeicherung beim Staat für jeden Bürger hinterlegt: Ich finde nicht, dass der Staat wissen muss, wann CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer auf seinem Handy mit seiner Affäre telefoniert hat. Ich finde nicht, dass der Staat wissen muss, wann CDU-Politiker Wolfgang Bosbach den Anruf von seinem Arzt bekommen hat, dass er Krebs hat. Ich finde nicht, dass der Staat wissen muss, dass ich vorgestern mit einem Kreistagskollegen einer anderen Partei SMS geschrieben haben. Ich möchte selbst entscheiden, ob ich jemanden darüber informiere, wann ich klettern gehe oder einen Kaffee mit Ihrem Politikchef trinke. Über die Telefondaten meines Smartphones wäre all dies sonst feststellbar und ich könnte es nicht mehr selbst entscheiden. Diese Freiheit würde mir und jedem Bürger mit der von Ihnen unterstützten Vorratsdatenspeicherung genommen. Um es mit einem Zitat, dass ich auf Facebook und Twitter gesehen habe, zu sagen:
„Der Staat weiß mit wem K., wann telefoniert hat. Der Zoll weiß, wann K. Mittagspause gemacht hat. Das Jobcenter weiß, wieviel K. besitzt. Die EU weiß, wohin K. fliegt. K. ist unfrei.“
Anders ausgedrückt: Einem Vertreter der Union hat vor ein paar Jahren ein 14-Jähriger Schüler bei einer Podiumsdiskussion gesagt: „Wer nichts zu verbergen hat, führt ein furchtbar langweiliges Leben.“ Wenn Ihr Leben so ist, dass Sie alles öffentlich machen, oder das Leben von Heiko Maas, Thomas de Maizière, Sigmar Gabriel so langweilig ist, dass sie nichts zu verbergen haben – dann ist das vollkommen in Ordnung. Ich möchte die Freiheit behalten, auch ein weniger langweiliges Leben zu führen und nicht, dass der Staat Sie, mich, meine Nachbarn und Freunde alle als potentielle Schwerverbrecher ansieht und ständig überwacht. Genau das tut aber, die Vorratsdatenspeicherung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lasse Becker
Jede Katze ist liberaler als die Grünen
Gastbeitrag am 21. Juni 2014 bei „Zeit online“ als Erwiderung auf Tarek Al-Wazir erschienen: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-06/liberalismus-debatte-fdp-gruene/komplettansicht
Der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir sieht seine Partei als neue liberale Kraft in Deutschland. Aber er irrt, wenn er glaubt, dass grüne Politik wirklich für Freiheit steht. Denn eine liberale Partei setzt bei jedem Thema auf die Bürger. Sie verlangt den Menschen ab, selbst zu gestalten und für sich und ihre Umgebung Verantwortung zu übernehmen. Sie hat die Freiheit immer als Grundsatz des Handelns. Sie setzt auf Vielfalt durch Wettbewerb. Genau wie die Katze auch die gesamte Freiheit will und nicht nur ein bisschen.
Ja, FDP und Grüne haben Schnittmengen beim Schutz der Bürgerrechte, bei der Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben, auch bei Fragen der Nachhaltigkeit. Das allein würde weder die FDP noch die Grünen zu einer insgesamt liberalen Partei machen. Die FDP will fairen Wettbewerb und Wachstum. Sie will gute Bildung ohne ideologische Scheuklappen und Umweltschutz mit Mensch und Natur im Einklang. Was heißt das konkret?
Liberale fordern bezahlbaren Strom durch die günstigsten regenerativen Energien aus europäischen Märkten für alle Bürger Europas, während die Grünen ideologisch auf dem teuren EEG beharren. Liberale kämpfen für Schulvielfalt, während die Grünen einseitig die Gesamtschulen bevorteilen. Liberale wollen die Menschen entlasten, damit sie mit ihrem eigenen Geld selbst entscheiden können, was sie machen und lassen. Liberale fragen, wie durch weniger Bürokratie Jobs entstehen können, während Grüne mit Richtlinien und Gesetzen Bürokratie schaffen.
Leider ist die FDP nicht ihren Grundsätzen gefolgt
Manche Grundsätze von Freiheit, Toleranz und Respekt hat die FDP in den letzten Jahren selbst leider an vielen Stellen nicht gelebt. Die FDP ist nicht mutig genug ihren liberalen Grundsätzen gefolgt. Liberale waren an vielen Stellen nur Ansprechpartner für kleine Teilgruppen. Das war Verrat der Überzeugung, dass die Lösungen des Liberalismus für alle besser sind – für den Arbeitslosen genauso wie für den Rechtsanwalt.
Toleranz heißt eben nicht, dass FDP-Bundestagsabgeordnete sich mit der Akzeptanz von Lebensentwürfen, die von der Norm abweichen, schwer tun dürfen. Wenn mancher (Ex-)FDP-Funktionsträger mit 40, 50 oder 60 Jahren weniger Berufserfahrung außerhalb der Politik gesammelt hat als ich als 30-Jähriger, dann kann er manches Problem auf dem Arbeitsmarkt schlicht nicht verstehen. FDP-Mitglieder, die als Selbstständige noch nie abhängig beschäftigt waren, haben den Wert von Arbeitgeberverbänden falsch über den von Gewerkschaften gestellt, die beide ihre Berechtigung in der Arbeitswelt haben. Ein Liberaler sollte auch die Empathie aufbringen, sich in die Probleme einer jungen Frau im befristeten Arbeitsverhältnis hineinzuversetzen. An vielen dieser Stellen wurde von Liberalen, die eine Branche, Funktionsträgergruppe oder Lobby einseitig hofiert haben, Respekt und Toleranz ebenso wenig wie der Wettbewerbsgedanke – eben die Grundfesten des Liberalismus – gelebt.
Aber leben die Grünen diese Grundwerte von Respekt, Toleranz, Wettbewerb und Freiheit? Meine Erfahrung ist, dass die Toleranz der Grünen gegenüber jemandem, der in einer Bank oder bei einem Automobilhersteller arbeitet, stark gegen null tendiert. Während die FDP Probleme mit den Gewerkschaften hat, gibt es massive Kräfte innerhalb der Grünen – zum Beispiel in der Grünen Jugend –, die Arbeit und Industrie am liebsten gänzlich abschaffen würden.
Das Liberalismus-Verständnis der Grünen endet bei einigen wenigen Bürgerrechts- und Gesellschaftsfragen, die die FDP manchmal in den letzten Jahrzehnten zu wenig hervorgehoben hat. Deshalb können Liberale durchaus von den Grünen lernen, wie man auf diesen Feldern, aber auch generell Glaubwürdigkeit zurückgewinnt: Indem man das eigene Programm lebt. Das ist zentrale Herausforderung der FDP.
Aber ein ganzheitliches Verständnis von Liberalismus umfasst eben mehr: Es gehört der unerschütterliche Glaube an die Menschen dazu. Dass jeder selbst seines eigenen Glückes Schmied ist und alle Chancen durch gute Bildung verdient. Zum Liberalismus gehören – allein ideengeschichtlich, aber auch fundamental – Fragen der Wirtschaftspolitik. Die Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen in der Herzkammer unserer sozialen Marktwirtschaft ist für Liberale ein Handlungskern. Ordo-Liberalismus im Sinne der Freiburger Schule, bei dem der Staat den Rahmen für funktionierende Märkte setzt, ist der Grundsatz liberalen Handelns in der Wirtschaftspolitik. Deshalb sind eben auch Katzen und keine Tiger und Hyänen liberale Tiere.
Fertig dosiertes Katzenfutter
All diese Aspekte werden beim grünen Verständnis von Liberalismus ausgeblendet. Unsere Toleranz endet nicht, weil Grüne sich nicht vorstellen können, wie jemand auch in einem Beruf mit Krawatte oder Uniform glücklich sein kann. Ich möchte dafür streiten, dass auch Leute, die nicht in das grüne Weltbild passen, sich selbst verwirklichen können: Wer etwas leistet, der Krankenpfleger wie die Unternehmerin, die Polizistin wie der niedergelassene Arzt und die junge Mutter wie der junggebliebene Rentner, verdient jemanden, der sich immer für sie einsetzt. Das muss wieder die FDP sein. Sie war es in den letzten Jahren leider nicht immer.
Das Leben mit täglich vorgesetztem, fertig dosiertem Katzenfutter – ohne etwas zu tun – mag einfacher und für manchen auch reizvoll sein. Aus meiner Sicht aber ist es auch viel langweiliger und bringt unsere Gesellschaft nicht voran. Keiner Katze gefällt ein Verschlag aus Verboten und Bürokratie, nur weil er nicht staatlich überwacht wird. Genau das wäre aber das grüne Liberalismus-Verständnis. Die FDP will Menschen nicht zu Stubentigern machen. Das ist hart. Das fordert viel von den Menschen. Aber die Bürger verdienen nicht ein bisschen Freiheit, sondern Freiheit.
Und wir stehen weiter – auch wenn es Euch nicht passt!
In dieser Legislaturperiode hab ich schon zig Male von Grünen und Piraten gehört, dass die Liberalen bei der Vorratsdatenspeicherung noch umfallen werden. Diese Beschuldigungen kamen quasi im Monatstakt. Und nun? Heute, vier Jahre nach dem Start dieser Koalition, bin ich stolz auf meine FDP, die mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, mit Gisela Piltz, mit Hartfrid Wolff, mit Marco Buschmann und mit vielen anderen Kurs gehalten hat! Es gibt keine Vorratsdatenspeicherung.
Auch wenn der hessische Ministerpräsident in einem Interview sagte, dass die Vorratsdatenspeicherung etwas ganz anderes sei als PRISM oder TEMPORA: sie ist das Ganze privatisiert in klein – quasi PRISM light.
Es überwacht dann nicht der Staat direkt, sondern er zwingt die Telekommunikationskonzerne dazu, das Ziel jeder Verbindung, jede IP-Adresse im Internet und jede SMS zu speichern. Natürlich sind damit nicht Inhalte abgedeckt, aber auch bei der Frage, wann und mit wem man kommuniziert, geht es um private Informationen. Deshalb: Nein zu PRISM light, nein zur Vorratsdatenspeicherung auch wenn es der Union nicht passt. Wir werden weiter standhaft bleiben.
Schlussendlich fast es der Satz eines damals 14-Jährigen bei einer Podiumsdiskussion in Lohfelden im Landkreis Kassel schön zusammen:
Der Unionsvertreter betonte:
„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“
Der 14-Jährige erwiderte:
„Wer nichts zu verbergen hat, führt aber auch ein furchtbar armseliges Leben.“
Ja, ich habe viele Dinge zu verbergen, die niemanden etwas angehen und schon gar nicht den Staat. Ihr auch?
Dann kommt am kommenden Samstag nach Berlin zu „Freiheit statt Angst“. Wir müssen unsere #Freiheit jeden Tag wieder verteidigen!
Hier gibt es den Link zum Facebook-Event zu „Freiheit statt Angst“