• Klares Nein zum JMStv!

    Artikel in der Frechen Freiheit (Parteitagszeitung der Jungen Liberalen) vom heutigen Tag zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag

    Manchmal ist es schwierig mit einem Koalitionspartner zu regieren, der bei wichtigen Zukunftstechnologien noch ein Jahrhundert zurückzuliegen scheint und anstatt im Zeitalter des Internets noch im Zeitalter des Rundfunks stehen geblieben ist. Das gilt ohne Zweifel beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag, bei dem verhandelt vom ausgewiesenen Netzpolitiker Kurt Beck in Zusammenarbeit mit Netzexperten wie Horst Seehofer und Peter Harry Carstensen nach anfänglichen Zensurplänen noch immer Teile des Internets, wie Computerspiel-Foren, quasi mit Öffnungszeiten für gewisse Uhrzeiten zu versehen.

    Jede Zeitung, jedes Weblog und jede einzelne Seite der FDP oder der Jungen Liberalen müsste nach dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag entweder sicherstellen, dass Tag und Nacht jede Kommentierung eines Besuchers auf ihre Jugendschutzrelevanz überprüft wird oder alternativ Jugendliche ausschließen. Bei manchen Übertragungen, wie dem Live-Stream dieses Parteitags, ist das jedoch faktisch nicht möglich. Deshalb wäre zukünftig die Berichterstattung vom Parteitag für unter 18-Jährige wohl nicht mehr erreichbar. Das führt die Absurdität der Diskussion vor Augen.

    Gemeinsam mit den MdBs der Open Enquete hatten wir JuLis deshalb einen Dringlichkeitsantrag zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag eingebracht, der im Rahmen des Leitantrags gestern auch mit großer Mehrheit beschlossen wurden. Hier sind wir alle gemeinsam gefragt, da wir nur gemeinsam über unsere Regierungsbeteiligungen in den Bundesländern sowie die verschiedenen Landtagsfraktionen unseren Einfluss geltend zu machen und den irrsinnigen Jugendmedienschutzstaatsvertrag noch abzuwenden. Dazu sind unsere Landesregierungen und Landtagsfraktionen von Baden-Württemberg bis Schleswig-Holstein und von Sachsen bis Nordrhein-Westfalen gefragt, um unseren gemeinsamen Beschluss auch wirklich umzusetzen.

    Jugendschutz in Zeiten des Internets muss stärker auf Medienaufklärung setzen, muss sich aber gleichzeitig auch den Gegebenheiten anpassen. Man kann das Internet nicht als ein rein deutsches Phänomen, das man über deutsche Gesetze steuern will, sehen und diesem Fehler erliegt der Jugendmedienschutzstaatsvertrag. Denn auch wenn es manchem Unions- und SPD-Politiker nicht passt: Auch CDU/CSU und SPD können nicht einfach das Internet abschalten und morgen auf CD verteilen lassen, auch wenn sie wahrscheinlich denken, dass das möglich wäre.

    Deshalb ist es richtig, mit der Open Enquete grundsätzliche Fragen der Netzpolitik zu beleuchten, aber es ist genauso richtig, jetzt gemeinsam mit Ihnen einen Beschluss gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag und für den gesunden Menschenverstand durchzusetzen.

  • Jugendmedienschutzstaatsvertrag … ein Wortungetüm ohne Internetsachkenntnis

    Öffnungszeiten (Quelle: photocase.com)Aktuell läuft die Diskussion um den Jugendmedienschutzstaatsvertrag … der ist nicht nur ein ausgewachsenes Wortungetüm, sondern auch ähnlich sperrig und antiquiert im Umgang mit dem Internet:

    Ideen, wie Zeitfenster zur Internetnutzung für spezielle Jugendschutzmaßnahmen z.B. bei Computerspielen, die FSK beschränkt sind, scheinen in Zeiten der weltweiten Internetnutzung nicht nur unsinnig, sondern aufgrund ihrer regionalen Begrenztheit auf Deutschland auch vollkommen wirkungslos. Viele Anbieter von entsprechenden Spielen (oder Foren dazu) würden im Zweifelsfall sofort mit ihren Servern ins Ausland ziehen. Und vollkommen unerträglich waren die Bestrebungen doch wieder Internetzensur-Strukturen zu schaffen (was aber inzwischen wieder vom Tisch ist): Wenn die Bundesregierung schon (zu) lange braucht, um Löschen statt Sperren durchzusetzen, sollten nicht zeitgleich die Bundesländer versuchen durch einen Staatsvertrag Sperr-Strukturen schaffen zu wollen. Natürlich ist der Jugendschutz auch im Internet wichtig, aber da sind einerseits die Eltern gefragt – entsprechende Tools gibt es ja – und andererseits sind die Medienkompetenz, z.B. an Schulen, und die Eigenverantwortung gefragt.

    Insgesamt kann man beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag eigentlich nur den Eindruck haben, dass Leute, die vom Internet keine Ahnung haben und denen irgendjemand schnell ihre Homepage gebaut hat, so tun, als wäre das Internet ein allein in Deutschland existierendes Netzwerk, mit dem Politiker machen könnten, was sie wollen. Das ist, ehrlich gesagt, ziemlicher Blödsinn.

    Doch was heißt das jetzt für das JuLi-Handeln?

    Natürlich ist die konkrete Frage der Ausgestaltung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages  – wie ich schon beim Landeskongress der JuLis in Rheinland-Pfalz gesagt habe – Landessache, aber gerade die Verzahnung der Länder mit FDP-Beteiligung ist hierbei wichtig. Ich habe mich deshalb nochmal bei unserem stellvertretenden Ministerpräsidenten und dem zuständigen FDP-Experten im Hessischen Landtag erkundigt, wie die Situation aktuell aussieht: Wir JuLis sind hier gefordert. Die hessische FDP-Fraktion hat der Staatskanzlei bereits Kritik am Jugendmedienschutzstaatsvertrag mitgeteilt und wird dies auch weiter tun, aber eine Abstimmung mit anderen Bundesländern befindet sich noch in der Vorbereitung, bzw. könnte bei der Fraktionsvorsitzendenkonferenz begonnen haben. Deshalb haben wir JuLis, in ganz Deutschland, aber besonders auch in den Ländern mit FDP-Regierungsbeteiligungen also in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein die Aufgabe, dieses Thema in die FDP zu tragen und die notwendige Sensibilisierung zu wecken. Eine gemeinsame Verzahnung kann da für uns alle nur von Nutzen sein und sollte durch die Bundesebene erfolgen.