PID – eine Frage, bei der einem Politiker niemand helfen kann

DNA-Doppelhelix (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:DNA_Double_Helix.png)Präimplantationsdiagnostik … das erste Mal politisch darüber diskutiert habe ich bei meinem allerersten landesprogrammatischen Wochenende der Jungen Liberalen im Jahr 2000 in Bad Karlshafen. Aktuell ist das Thema, für das sich die Mehrheit meiner Follower auf Facebook und Twitter entschieden hat, allemal. Denn aktuell ringt der Deutsche Bundestag in einer Abstimmung, die in allen Fraktionen ohne Fraktionsdisziplin stattfinden wird, um eine gesetzliche Lösung zum Umgang mit den Diagnosen an Embryonen, die nach künstlicher Zeugung noch nicht in die Gebärmutter eingesetzt sind.

Um das vorweg deutlich zu machen: Dieser Artikel spiegelt in keinster Weise eine Beschlusslage der Jungen Liberalen wider, sondern ist einzig und allein meine persönliche Meinung zu diesem Thema und ein paar Themen, die aus meiner Sicht damit zusammenhängen.

Es geht ganz konkret, um die Frage dreier Entwürfe, die im Deutschen Bundestag diskutiert werden:

  1. Der Entwurf von Ulrike Flach und Peter Hintze, für klar eingegrenzte und schwere Krankheitsbilder eine Diagnose zu ermöglichen.
  2. Der Entwurf von Priska Hinz und René Röspel, nur für Krankheitsbilder, die zu einer massiven Gefahr für das Überleben im ersten Jahr des Kindes werden, bei Vorbelastung der Eltern eine Diagnose zu ermöglichen.
  3. Der Entwurf von Ulla Schmidt und Johannes Singhammer, Diagnosen an künstlich befruchteten Embryonen vor der Implantation prinzipiell zu verbieten.

Inzwischen habe ich schon mehrfach mit jüngeren Bundestagsabgeordneten gesprochen und habe festgestellt, dass es – meiner Ansicht nach zu recht – wohl kaum eine Frage gibt, die so schwer zu entscheiden ist.

Die ethische Frage, ob man in den Menschwerdungsprozess als Mensch künstlich eingreifen sollte, gestaltet sich in diesem Fall noch einmal schwieriger, da man eben bereits eingegriffen hat. Aus meiner Sicht ist es  ein Unterschied, da im Falle der PID bereits die Befruchtung im Reagenzglas stattgefunden hat und man damit quasi im gleichen Moment die Untersuchung eines eventuell massiven genetischen Defekts durchführen könnte.

Verglichen damit, dass in begründeten Fällen nach einer Beratung in Deutschland eine Abtreibung sehr viel später während der Menschwerdung noch strafffrei ist, halte ich den dritten Entwurf für mich wenig überzeugend: Anstatt einen Embryo erst der Mutter einzupflanzen, um dann anschließend mit den klassischen Diagnosemöglichkeiten eventuell alle Belastungen eines Schwangerschaftsabbruchs durch Abreibung auszulösen, erscheint mir eine unnötige körperliche wie emotionale Belastung, ja Qual. Und – auch wenn das manch ein konservativer Follower auf Facebook, der mich regelmäßig in CdL-Gruppen (Christdemokraten für das Leben) einlädt, nicht sieht –halte ich die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs unter harten und strikten Auflagen nach entsprechender Beratung für notwendig. Man kann über manche Ausgestaltungsfrage natürlich streiten, aber ich glaube nicht, dass Frauen, die abtreiben, sich diese Entscheidung sonderlich leicht machen, sondern ganz im Gegenteil, dass dies wahrscheinlich die schwerste  Entscheidung  im  Leben sein kann. Wenn ich aber genau diesen Schritt  rechtfertigen kann  und das tue ich, wie gesagt,  – erscheint es mir unlogisch, eine Präimplantationsdiagnose, die früher im Menschwerdungsprozess ansetzt, zu verbieten.

Ich gebe aber offen zu, dass ich zwischen den Vorschlägen von UIrike Flach und Priska Hinz schwanken würde und immer noch nicht sicher bin, für welchen Vorschlag ich sein soll: Einerseits erscheint es mir plausibel, möglichst viele schwere genetische Defekte zu untersuchen, andererseits hat mich die Aussage eines FDP-Bundesvorstandskollegen, der selbst eventuell von einer solchen Diagnose hätte betroffen sein können, sehr nachdenklich gemacht. Er lebt, er gestaltet Politik mit und wer hätte das Recht gehabt, diese Entscheidung im Vorfeld zu treffen, ob eine Art des Lebens es wert ist, gelebt zu werden. Eine Begrenzung nur auf sehr wenige Krankheiten, die sehr schnell zum Tod führen, scheint für mich deshalb ein eher vertretbarer Weg, aber das ist meine persönliche Meinung. Ich kann jeden verstehen, den, der der Position von Ulla Schmidt nahe steht genauso, wie den, der bei der Abwägung eher zur Meinung von Priska Hinz tendiert.

Ich würde wohl am Ehesten für den Entwurf von Ulrike Flach sein, aber auch noch den Entwurf von Frau Hinz mittragen können. Aber eins weiß ich bestimmt:

Zunächst einmal gehe ich jetzt auf Facebook online und lehne die zwei Facebook-Anfragen der CdL ab, denn nur mit  platten Parolen, die nicht auf die Problemstellungen beim Thema Abtreibung oder PID eingehen, will ich nichts zu tun haben.

Das ist eine der schwersten Entscheidungen, die ein Politiker zu treffen hat, aber sicher keine, die man aufgrund dogmatischer oder religiöser Linien unreflektiert treffen sollte. Und das ist mein eigentlicher Appell an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages:

Denken Sie ruhig zwanzig Mal über die Frage nach und entscheiden Sie sich ruhig vierzig Mal um, aber treffen Sie am Ende die Entscheidung nicht wegen Kirchendogmen, nicht weil es grob einer Parteilinie entspräche, sondern weil Sie diesen Kurs für den richtigen – bzw. für den am wenigsten falschen – halten.