
LPW der JuLis Hessen
Am Edersee findet traditionell das landesprogrammatische Wochenende (LPW) der JuLis Hessen statt. Arbeitsgruppen wird es zur Kommunalpolitik und zur Asylpolitik geben. Zwischendrin werde ich auch mal vorbeischauen.

JuLi-Bundeskongress
Der 50. Bundeskongress mit Feiern zum Jubiläum der deutschen Jungen Liberalen findet in Bonn statt.

JuLi-Landeskongress
Der Landeskongress der Jungen Liberalen Hessen berät die Anträge und legt die inhaltlichen Positionen der JuLis Hessen fest.

Mitgliederversammlung der JuLis Region Kassel
Einmal im Jahr wählen die JuLis Region Kassel einen neuen Vorstand. Dieses Jahr am Tag der deutschen Einheit. Alle Interessenten sind herzlich eingeladen!
Gute Bildung – gegen den Glaubenskrieg und für #Freiheit der Schulen
Eine Gesellschaft, in der jeder alles, was seinen Fähigkeiten entspricht, erreichen kann. Das ist für mich als Liberalen das A und O von Chancengerechtigkeit und deshalb ist Bildung mein Herzensthema:
Wir wollen keine Gleichmacherei, sondern Vielfalt: Für den einen kann das duale Berufsbildungssystem die besten Ergebnisse liefern, manche anderer erzielt in einem grundständigen Gymnasium die besten Lernerfolge und wieder andere schaffen nach der Förderschule den Hauptschulabschluss und für manchen ist eine integrierte Gesamtschule einfach der Ort, der Chancen eröffnet. Wichtig ist dabei, dass jeder für seine Fähigkeiten die bestmögliche Unterstützung durch das Schulsystem erhält. Deshalb will ich nicht, dass wir uns in den ewig gestrigen Grabenkampf von Union auf der einen und Rot-Rot-Grün auf der anderen Seite stürzen, dessen Ergebnis nur entweder das dreigliedrige Schulsystem oder Gesamtschulen sein sollen..
Die Vielfalt der Schulsysteme, wie wir sie in Hessen haben, ist etwas, worauf ich sehr stolz bin. Denn ich habe selbst erlebt, wie ein junges Mädchen, das in der dritten Klasse aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist, die Chancen einer Gesamtschule so erfolgreich genutzt hat, dass sie am Ende ein besseres Abitur gemacht hat als ich. Ich habe aber auch gesehen, wie für manch anderen der eher gezieltere Rahmen und das homogenere Schulgeflecht eines Gymnasiums das richtige Lernumfeld waren, um das Abitur zu schaffen.
Für mich heißt es deshalb: Wir sollten die Schulen möglichst gut ausstatten, ihnen Freiheiten geben – wie wir es in Hessen mit der selbstständigen Schule gemacht haben – und dann dafür sorgen, dass jedes Kind in der Nähe ein entsprechendes Angebot findet, damit Kind und Eltern gemeinsam die richtige Schulform wählen können.
Aber was heißt gute Ausstattung und wer steht dafür?
Als Referenzwert kann die letzte Debatte des Hessischen Landtages vor den Wahlen gelten. Die Unionsfraktion hat dabei deutlich hervorgehoben, was den Unterschied zwischen einer schwarz-gelben Regierung mit einer FDP-Kultusministerin und einer rot-grünen Regierung macht:
In Hessen haben wir 105% Lehrerversorgung. Das bedeutet 5% mehr Lehrer als gehaltene Unterrichtsstunden, rund 10% mehr als in den rot-grünen Ländern (Rheinland-Pfalz 95%, NRW 95 %, Berlin 96 %, Bremen 92 %, Schleswig-Holstein 94 %).
Bei den Lehrerstellen sieht es nicht anders aus: In Rheinland-Pfalz wurden 2.000, in NRW 500, in Baden-Württemberg 11.600, in Niedersachsen 300, in Bremen 50, in Brandenburg 1.000 und in Schleswig-Holstein 3.500 Stellen abgebaut – also von rot-grünen Landesregierungen insgesamt 18.000. . Das Geld hat man in Niedersachsen wohl lieber verwendet, um die Staatskanzlei aufzustocken und für den Grünen Staatssekretär einen Audi A8 als Dienstwagen zu beschaffen, weil ihm, der A6 nicht reichte. Allein in Bayern und Hessen wurden von schwarz-gelben Landesregierungen in den letzten Jahren 14.000 Lehrerstellen geschaffen.
Wir sollten nicht den Grabenkampf führen, sondern stattdessen deutlich machen, dass gute Bildung etwas mit der Ausstattung der Schulen zu tun hat: Deshalb kämpfe ich für gute Bildung und für Aufstiegschancen. Das und mehr #Freiheit in der Bildungspolitik gibt es mit der FDP!
Und wir stehen weiter – auch wenn es Euch nicht passt!
In dieser Legislaturperiode hab ich schon zig Male von Grünen und Piraten gehört, dass die Liberalen bei der Vorratsdatenspeicherung noch umfallen werden. Diese Beschuldigungen kamen quasi im Monatstakt. Und nun? Heute, vier Jahre nach dem Start dieser Koalition, bin ich stolz auf meine FDP, die mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, mit Gisela Piltz, mit Hartfrid Wolff, mit Marco Buschmann und mit vielen anderen Kurs gehalten hat! Es gibt keine Vorratsdatenspeicherung.
Auch wenn der hessische Ministerpräsident in einem Interview sagte, dass die Vorratsdatenspeicherung etwas ganz anderes sei als PRISM oder TEMPORA: sie ist das Ganze privatisiert in klein – quasi PRISM light.
Es überwacht dann nicht der Staat direkt, sondern er zwingt die Telekommunikationskonzerne dazu, das Ziel jeder Verbindung, jede IP-Adresse im Internet und jede SMS zu speichern. Natürlich sind damit nicht Inhalte abgedeckt, aber auch bei der Frage, wann und mit wem man kommuniziert, geht es um private Informationen. Deshalb: Nein zu PRISM light, nein zur Vorratsdatenspeicherung auch wenn es der Union nicht passt. Wir werden weiter standhaft bleiben.
Schlussendlich fast es der Satz eines damals 14-Jährigen bei einer Podiumsdiskussion in Lohfelden im Landkreis Kassel schön zusammen:
Der Unionsvertreter betonte:
„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“
Der 14-Jährige erwiderte:
„Wer nichts zu verbergen hat, führt aber auch ein furchtbar armseliges Leben.“
Ja, ich habe viele Dinge zu verbergen, die niemanden etwas angehen und schon gar nicht den Staat. Ihr auch?
Dann kommt am kommenden Samstag nach Berlin zu „Freiheit statt Angst“. Wir müssen unsere #Freiheit jeden Tag wieder verteidigen!
Hier gibt es den Link zum Facebook-Event zu „Freiheit statt Angst“
Lotusblume statt Wasserpest
Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung zu den Kommentaren von Daniela Kuhr und Heribert Prantl:
Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion der Süddeutschen Zeitung,
Ihr Kollege Heribert Prantl verglich die FDP mit der „Wasserpest“, weil sie ihr „neoliberales“ politisches Programm überall verbreiten wolle. Damit tut Herr Prantl uns – sicherlich ungewollt – den Gefallen, den fundamentalen Unterschied zwischen seiner Weltsicht und einer liberalen direkt in seinem Kommentar mitzuliefern: Anders als Herr Prantl, der in seinem Artikel mit absoluter Selbstverständlichkeit Behauptungen darüber aufstellt, was „die Bürger“ wollen und was nicht, sind wir Liberale fest davon überzeugt, dass nur einer am besten weiß, was „der Bürger“ will: „Der Bürger“ selbst.
Aufgrund dieser Freiheitsliebe fordern wir Jungen Liberalen die Abschaffung des Ehegattensplittings. Gebraucht wird stattdessen ein Modell, in dem die steuerlichen Grundfreibeträge aller Familienmitglieder flexibel von denjenigen in Anspruch genommen werden können, die die Familien unterhalten. Eine bessere Begründung für diese Forderung, als sie Ihre Kollegin Daniela Kuhr nicht einmal einen Monat nach Herrn Prantls Artikel in ihrem Kommentar liefert, hätten wir kaum bieten können. Wird die Süddeutsche jetzt etwa langsam zur „Wasserpest“ oder haben Sie dazugelernt? Es scheint schon sehr doppelzüngig, dass Sie sich einerseits in ihrem Kommentar „Ehegattensplitting – Weg damit!“ selbst modern und liberal geben, inhaltlich sogar eine Forderung der Jungen Liberalen aufgreifen, und dennoch der einzigen liberalen Partei, der FDP, anlasten, die „Wasserpest“ zu sein.
Wenn Sie bereit wären, auch Wassergewächsen Blüten zuzugestehen, würde Sie vielleicht der nächsten Schritt jungliberaler Politik interessieren: Ausgehend von der Individualbesteuerung kann man, wenn man bereit ist, außerhalb der bestehender Schranken zu denken, auch ein Lebensmodell unterstützen, das darauf baut, dass Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen – unabhängig von Verwandtschaft oder sexueller Beziehung: die Verantwortungsgemeinschaft. Wenn zwei ältere Damen und drei ältere Herren in einer Seniorengemeinschaft füreinander da sind und gegenseitig dafür sorgen, dass keiner von ihnen in ein Altersheim muss, ist das nicht weniger wert als eine gleichgeschlechtliche Ehe oder eine „klassische“ Familie mit Vater, Mutter und zwei Kindern – die heute ohnehin nicht mehr die Lebensrealität vieler Menschen darstellt. Vielleicht stellen Sie beim zweiten Blick fest, dass das was Heribert Prantl irrtümlich für die „Wasserpest“ hielt, beim genauen Hinschauen eine Lotusblume ist.
Mit besten Grüßen
Ihr Lasse Becker
Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen
Kontur statt Selbstbeschäftigung – was die FDP wirklich braucht
Vor Dreikönig hat die FDP – allen voran Dirk Niebel und Hermann Otto Solms – mal wieder gezeigt, was die FDP am besten kann: Sich selbst in Knie schießen. So sehr, dass die Welt heutmorgen zurecht über die FDP witzelte, dass die letzte verbliebene liberale Kernkompetenz die „Röslerbekämpfung“ sei.
Einer meiner Vorsätze für das neue Jahr war weniger runterzuschlucken: Es gab in den letzten Tagen viele gute Artikel, die die Facetten des Problems der FDP journalistisch beleuchtet haben – von Ulf Poschardt in der Welt bis Christoph Giesa in The European. Ganz kurz für mich zusammengefasst:
Wenn mich heutabend an der Bar im Maritim ein Journalist fragt, ob ich mit der Leistung von Philipp Rösler als Parteivorsitzender bisher zufrieden bin, werde ich „Nein“ antworten. Wenn mich aber jemand fragt, ob ich mit der Leistung von Dirk Niebel und anderen Präsidiumsmitgliedern noch unzufriedener bin, werde ich „Ja“ antworten. Um es auf Deutsch auszudrücken: Ich könnte kotzen, wenn ich einen Haufen mit so vielen selbstverliebten Egomanen in der Führungsspitze meiner Partei sehe, denen jeweils ihr eigenes Wohl wichtiger als die Zukunft der einzig liberalen politischen Kraft in Deutschland ist. Wer nicht weiß, wer im Präsidium sitzt, kann dies gern auf fdp.de nachschauen . Und ich bin enttäuscht von fast allen davon. Das Teamplay – oder eben mehr das wilde Schlamm-Catchen – dieser Runde regt mich nur noch auf.
Kurz zusammenfassen kann man das mit dem Zitat meines Stellvertreters Konstantin Kuhle sagen:
„Den Menschen in Niedersachsen sind das Schicksal von Philipp Rösler, die Zukunft von Rainer Brüderle und das Ego von Dirk Niebel herzlich egal, denen geht es um Politik.“
Eine Partei muss mit Inhalten wahrgenommen werden, egal, ob es eine gute Reform im BMZ oder erfolgreiche Wirtschaftsreisen im BMWi sind. Die FDP muss in diesem Jahr wieder Profil gewinnen, deshalb ist der Vorstoß, über Privatisierung unsinnigster Einrichtung wie der BImA (jeder private Immobiliendienstleister würde bei so viel Inkompetenz wohl freiwillig dicht machen) und strikte Sparmaßnahmen den Haushalt zu konsolidieren, richtig. Genauso wichtig ist es aber beim Schutz der Bürgerrechte, bei den Aufstiegschancen durch Bildung und Weiterbildung und bei einer modernen Gesellschaftspolitik Akzente zu setzen. Das müssen wir Liberalen schaffen, als ein liberaler Reformmotor nicht nur in der Wirtschaftspolitik, sondern auch bei Bürgerrechten, Haushaltspolitik und gesellschaftlichen Fragen wieder wahrgenommen zu werden.
Das wünsche ich mir für 2013 – und ein paar Egomanen weniger in der Parteispitze wären auch ganz schön. Das muss ich dann wohl selbst beeinflussen. Beim Bundesparteitag in Nürnberg.
Wie kommen wir nach Europa – der Weg hin zur Vision des Europäischen Bundesstaates
Letzte Woche in Brüssel habe ich eine interessante Geschichte eines nordrhein-westfälischen MdEP gehört: Bei einer Abendveranstaltung in NRW fragte einer der Zuhörer: „Wo kommen Sie denn her, aus Brüssel ist es ja immer ein bisschen weiter.“ Auf die Antwort, dass vorher ein Termin in Berlin stattgefunden hätte, kam die Erwiderung: „Ach, dann hatten Sie es ja heute nicht so weit.“
Gefühlt sind knapp zwei Stunden von Köln nach Brüssel (ICE) also länger als die knapp fünf Stunden von Köln nach Berlin (ICE). Wie kommen wir dahin, dass sich das ändert? Und was sind die Wege hin zu unserer Vision der Zukunft Europas. Dazu durfte ich auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in der Hessischen Landesvertretung diskutieren.
Die Vision: Aufwachen in den Föderalen Nationen Europas
Wenn ich träumen darf und dabei in der Zukunft aufwachen würde … wie würde ich mir wünschen, dass dann Europa aussieht?
Aufwachen würde ich dann am liebsten in einer neuen Gemeinschaft, den Föderalen Nationen Europas (ich mag diese ständige Vereinigte Staaten-Analogie nicht).
Das heißt für mich in einer Föderation, bei der jedes Land seine eigenen Besonderheiten in einer föderalen Struktur behalten konnte, gleichzeitig aber wichtige gemeinsame Aufgaben in der Außenvertretung gemeinsam geschultert werden. Dazu gehört klare Subsidiarität und nicht so ein verquaster Föderalismus wie in Deutschland.
Wichtiger als diese Vision ist aber der Weg dorthin, bei dem wir JuLis uns teils ganz konkrete, teils aber auch weniger konkrete Gedanken gemacht haben. Auf dem Podium haben wir gestern länger und kontrovers diskutiert, wie wichtig die Finalitätsdiskussion überhaupt ist. Ich bin überzeugt, dass die Finalitätsfrage nicht alles entscheidet, aber wir eben doch das Ziel festlegen sollten, bevor wir uns entscheiden loszugehen, deshalb finde ich sie im Gegensatz zu Rainer Stinner und Prof. Dr. Ludger Kühnhardt auch nicht vernachlässigbar. Wichtiger ist aber:
Der Weg: Echte Demokratie, mehr Zuständigkeiten, aber auch Rückverlagerung von Zuständigkeiten
Denn nur über das konkrete politische Handeln also den Weg hin zum Bundesstaat können wir gerade junge Menschen wieder für Europa begeistern. Gerade für jüngere Menschen ist es eine solche Selbstverständlichkeit in Frieden zu leben, dass wir diese Errungenschaft Europas gar nicht mehr in gleichem Maße wie unsere Eltern und Großeltern wahrnehmen. Aber spätestens, wenn man das erste Mal wieder ein Visum für die Einreise in ein Land außerhalb Europas braucht und den Pass vorzeigen muss, spürt jeder von uns drastisch: Europa bringt uns – trotz aller Kritik – sehr viel Freiheit jeden Tag.
Damit aber die Akzeptanz der positiven Geschichte Europas weiter bzw. wieder steigt, müssen sich Europa und die Europäische Union schnell demokratisieren: Wir brauchen ein gemeinsames europäisches Wahlsystem für das Europaparlament, bei dem zumindest in einem ersten Schritt ein Teil der Mandate europaweit vergeben wird. Bei den Europawahlen sollten deshalb die Parteien auch gemeinsame europaweite Kampagnen aufbauen, damit die FDP in Deutschland das gleiche Motiv und die gleichen Inhalte in den Mittelpunkt stellt, wie die LibDems im Vereinigten Königreich, Svenska folkpartiet in Finnland oder Italia dei Valori in Italien. Damit würden wir einen ersten Schritt hin zu einer gemeinsamen Öffentlichkeit schaffen. Auf dem Podium wurden auch gemeinsame Polit-Talkshows auf Anregung von Prof. Kühnhardt und Marco Incerti diskutiert. Prinzipiell eine gute Idee, die aber nur funktioniert, wenn man europaweit abgestimmte Programme vertritt.
Daneben sollte aber auch der Rat den Mut finden, sich zu demokratisieren: Langfristig brauchen wir eine zweite Kammer, einen Senat, für das Europaparlament und keine Mischform von Exekutive und Legislative. Zwei Senatoren pro Mitgliedsstaat könnten wesentlich stärker legitimiert die Interessen dort vertreten als ein wildes Konvolut von Fachministern.
Zentral für die Akzeptanz – gerade in der aktuellen Krise – sind aber auch Selbstreflexion und Aufgabenkritik in Brüssel: Gerade als Konsequenz in der Krise brauchen wir einerseits in zentralen Fragen der Haushaltsdisziplin und zum Beispiel auch der Vertretung nach außen mehr Kompetenzen in Europa. Aber auf der anderen Seite sollte die Europäische Union auch endlich den Mut finden, zu sagen, welche Dinge subsidiär bei den Mitgliedsstaaten aufgehoben sind:
Die Agrarpolitik und manche Teil der Regionalförderung würden sicher besser noch nicht mal auf die Nationalstaatsebene, sondern regional zugeordnet werden, geschweige denn in Brüssel zu behandeln sein.
Das sind nur einige sehr grundsätzliche Felder, die man dringend angehen sollte, klar ist für mich aber: Die Frage, mehr oder weniger Europa sollte nicht von Krisenlaunen abhängen, sondern langfristig und überlegt berücksichtigen, was gut ist:
Für Europa und seine Bürger in einer multipolaren Welt.
Für Meinungsfreiheit kämpfen heißt nicht, Blödsinn unwidersprochen zu lassen
Nachdem ich das vierte Mal als Referent der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit im Südkaukasus teilgenommen habe, geht es diesmal im Blog um die Meinungsfreiheit:
Wenn wir zum Beispiel über Meinungsfreiheit in Armenien reden, dann geht es darum, dass Seminarteilnehmer zusammengeschlagen werden, dass Demonstranten aus politischen Jugendorganisationen im Gefängnis landen, dass Versammlungen schlicht verboten werden. Das sind grundsätzliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit, gegen die wir mit unseren Partnern vor Ort kämpfen. Demokratie und Freiheit sind Grundwerte, die man wahrscheinlich erst in einem undemokratischen und unfreien Umfeld wirklich schätzen lernt.
Zur Meinungsfreiheit gehört aber auch, dass man sich vor Diskussionen nicht versteckt. Angela Merkel hat vollkommen zu recht Kurt Westergaard für seinen Beitrag zur Meinungsfreiheit geehrt. Es ist nicht hinnehmbar, wenn aus religiöser Intoleranz die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird. Nur dabei ist es mir egal, ob es die katholische Kirche bei „Popetown“ (einer relativ schlechten Fernsehserie, an die sich heute wahrscheinlich kaum ein Mensch erinnert) oder Muslime bei Muhammed-Karikaturen sind: Die damalige Idee, ein „Malen nach Zahlen“ als Reaktion aus den kritisierten Motiven im Mitgliedermagazin j+l zu machen, habe ich durchaus richtig gefunden. Nur: Man kann für die Meinungsfreiheit streiten und trotzdem die inhaltlichen Positionen ablehnen.
Ich fand „Popetown“ dumm und teile Sarrazins Äußerungen nicht, trotzdem würde ich immer dafür kämpfen, dass ein solches Buch oder eine solche Ramsch-Serie erscheinen dürfen.
Allerdings ist das für mich eine Selbstverständlichkeit in einem demokratischen und toleranten Staat wie Deutschland. Und NEIN: Ich muss nicht in einem Blogeintrag über Sarrazin etwas zu Meinungsfreiheit sagen, wenn ich seine Aussagen kritisiere. Aber ich käme ja auch nicht auf die Idee, wenn ich in einer Pressemitteilung die Jusos für unsinnige Forderungen zum Mindestlohn kritisiere, dahinter zu schreiben „Aber ich respektiere natürlich, dass die Jusos eine andere Meinung haben.“
Das ist selbstverständlich. Oder sollte es zumindest sein.
Deshalb sollten wir uns auf den wirklichen Schutz der Meinungsfreiheit zurückbesinnen. Die Gefährdung war zum Beispiel nach den Westergaard-Karikaturen da. Und sie ist – wie ich am Wochenende wieder vor Augen geführt bekommen habe – in vielen Ländern der Welt weitaus kritischer. Deshalb müssen wir bei uns selbst, aber auch bei anderen für das Recht auf freie Meinungsäußerung kämpfen.
Ich freue mich durchaus über jede E-Mail, die ich dazu bekomme – gerade nach der Kritik an den Seehofer-Äußerungen vom Wochenende – allerdings gehört zur Meinungsfreiheit auch ein Verzicht auf verbale oder reale Gewalt und deren Androhung gegen Leute, die nicht die gleiche Meinung haben … nur so als kleine Ermahnung an manchen wutschnaubenden E-Mail-Verfasser der letzten Tage.